Leitsatz
Der Antragsteller hatte mit Schriftsatz vom 2.12.2010 seine Vaterschaft ggü. dem Kind S. angefochten und hierfür Verfahrenskostenhilfe beantragt. Das Familiengericht hatte diesen Schriftsatz ohne weitere Erläuterung der Kindesmutter formlos zur Stellungnahme übersandt, die sie, anwaltlich vertreten, auch abgab und ihrerseits um VKH nachsuchte.
Auf einen gerichtlichen Hinweis, dass die Antragsbegründung nicht Erfolg versprechend sei, nahm der Antragsteller sodann seinen Anfechtungsantrag zurück.
Das Familiengericht bestimmte daraufhin, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen hätten, lehnte den Verfahrenskostenhilfeantrag der Mutter ab und stützte seine Entscheidung darauf, dass der verfahrenseinleitende Antrag vom 2.12.2010 der Kindesmutter zu keinem Zeitpunkt zugestellt worden sei und daher ihre Stellungnahme noch im Stadium der VKH-Prüfung erfolgt sei, für das Verfahrenskostenhilfe nicht beansprucht werden könne.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die Mutter mit der sofortigen Beschwerde. Ihr Rechtsmittel hatte Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des AG insoweit, als Verfahrenskostenhilfe für das VKH-Verfahren selbst nicht gewährt werden könne, da der Antragsgegner in diesem Verfahren kein Beteiligter sei, ihm werde lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme auf das VKH-Gesuch des Antragstellers eingeräumt. Ein Prozessrechtsverhältnis zwischen ihm und im Hilfe beanspruchenden Gegner werde dadurch nicht begründet (vgl. etwa Zöller/Geimer, 28. Aufl. 2010, § 118 ZPO Rz. 2 m.w.N.). Dem Antragsgegner entstehe im Übrigen auch verfahrensrechtlich kein Nachteil, wenn er eine Stellungnahme nicht abgebe.
In Verfahren, die der Zivilprozessordnung unterlägen, ändere sich dies mit der die Rechtshängigkeit des Antrages begründenden Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes. Auf solche Rechtsstreitigkeiten würde mithin die Argumentation des Familiengerichts zutreffen.
In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, also auch in einem Abstammungsverfahren wie dem hier vorliegenden, habe eine Zustellung hingegen keine für die Entstehung eines Prozessrechtsverhältnisses konstitutive Wirkung. Begriffe wie "Anhängigkeit" und "Rechtshängigkeit" mit dem für ZPO-Verfahren maßgeblichen Bedeutungsunterschied verwende das FamFG daher in diesem Zusammenhang nicht. Der verfahrenseinleitende Antrag sei vielmehr mit seinem Eingang beim Gericht wirksam gestellt, ohne dass es hierfür einer Zustellung bedürfe. § 23 Abs. 2 FamFG bestimme lediglich, dass der Antrag den übrigen Beteiligten übermittelt werden solle. Dabei sei weder von einer bestimmten Form der Übermittlung die Rede, noch habe diese den Sinn, ein Verfahrensstadium nach "Rechtshängigkeit" von der Zeit davor zu unterscheiden.
Es werde nicht verkannt, dass es auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine der Hauptsache vorgelagerte VKH-Prüfung geben könne, sei es, dass in Antragsverfahren lediglich Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag begehrt werde oder dass der Antragsteller, wie hier, seinen unbedingten Antrag mit einem VKH-Gesuch verbinde und das Gericht nur das VKH-Gesuch zur Stellungnahme übermittle.
Letzteres könne durch einen entsprechenden Hinweis klargestellt werden, wenn Antrag und VKH-Gesuch in demselben verfahrenseinleitenden Schriftsatz enthalten seien. Gerade an einem derartigen Hinweis fehle es im vorliegenden Fall. Hier habe das Familiengericht den Schriftsatz vom 2.12.2010 ohne Einschränkungen der anderen Seite zur Stellungnahme übersandt. Dies sei zwar zulässig, bringe aber gerade nicht zum Ausdruck, dass die andere Seite dadurch nur mit dem VKH-Gesuch befasst werden sollte.
Bei dieser Sachlage hielt das OLG die Beschwerde der Beteiligten für begründet und änderte den beanstandeten Beschlusstenor dahingehend, dass der Beschwerdeführerin die beantragte Verfahrenskostenhilfe gewährt wurde.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 08.02.2011, 20 WF 0135/11