Leitsatz
Für eine Aufhebung einmal bewilligter Verfahrenskostenhilfe stellt das Gesetz zwei unterschiedliche Vorschriften zur Verfügung. Zum einen die Änderung nach § 120 ZPO, zum anderen die Aufhebung nach § 124 ZPO.
Das OLG Hamm hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, welche der beiden Vorschriften einschlägig ist, wenn die bedürftige Partei durch einen Prozessvergleich nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Vermögen erworben hat.
Sachverhalt
Die Antragsgegnerin hatte aufgrund eines Vergleichs einen Anspruch auf Zahlung von 38.000,00 EUR erlangt. Nach Abschluss des Vergleichs hatte das AG die bewilligte Verfahrenskostenhilfe gemäß § 124 ZPO aufgehoben.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Ihr Rechtsmittel führte zur Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und Anordnung einer Zahlungsverpflichtung ggü. der Antragsgegnerin.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen für eine Aufhebung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe lägen nicht vor. Verfahrenskostenhilfe könne nach Bewilligung lediglich dann wieder entzogen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung nicht erfüllt gewesen seien und damit einer der in § 124 ZPO aufgeführten Tatbestände vorliege. Diese Vorschrift zähle die Gründe, aus denen die VKH-Bewilligung aufgehoben werden könne, abschließend auf. Andere Gründe als diejenigen des § 124 ZPO erlaubten die Aufhebung nicht (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 124 Rz. 2 mit weiteren Nachweisen). Insbesondere dürfe die Bewilligung nicht aufgehoben werden, wenn dem Bedürftigen nach erfolgter Bewilligung Vermögen zufließe (a.a.O., § 120 Rz. 29). Grundsätzlich habe eine Partei jedoch gemäß § 115 Abs. 3 ZPO für die Tragung der Prozesskosten ihr gesamtes Vermögen einzusetzen, soweit dieses das Schonvermögen übersteige. Die Antragsgegnerin habe unstreitig aufgrund des Vergleichs vom 6.7.2010 einen Anspruch auf Zahlung von 38.000,00 EUR erlangt, der spätestens zum 1.8.2010 zu erfüllen gewesen sei.
Zwar sei im vorliegenden Fall der Vergleichsbetrag seiner Zweckbestimmung nach zur Deckung der notwendigen Lebenshaltungskosten der Antragsgegnerin gedacht, so dass es - entsprechend den Erwägungen bezüglich einer Unterhaltsabfindung für rückständigen Unterhalt - angemessen erscheinen könne, den Abfindungsbetrag zur Rückzahlung nicht heranzuziehen, wenn die Abfindung für zukünftig fällig werdenden Unterhalt auf einen überschaubaren Zeitraum monatlich umgelegt, zum Bestreiten der laufenden Lebensunterhaltskosten tatsächlich benötigt werde (OLG Dresden, FamRZ 2008, 1543).
Das OLG hat in diesem Zusammenhang die sonstigen Einkünfte und Vermögenswerte der Antragsgegnerin berücksichtigt und in diesem Zusammenhang auch gewertet, dass sie sowohl verpflichtet als auch in der Lage sein dürfte, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, mit deren Einkünften sie ihren Bedarf zumindest überwiegend decken könne.
Aufgrund dieser Erwägungen sei sie verpflichtet, einen Teil des ihr zugeflossenen Abfindungsbetrages zur Tragung der vorliegenden Verfahrenskosten einzusetzen.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 20.10.2010, 8 WF 266/10