Leitsatz
Die Gewährung einer Vergütung für den Zeitaufwand eines Verwaltungsbeirats entspricht grundsätzlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Normenkette
WEG § 29; BGB § 670
Das Problem
Die Wohnungseigentümer fassen im Juni 2016 folgenden Beschluss:
TOP 6 ("Aufwandsentschädigung Beirat"): Die Gemeinschaft einigt sich darauf, jedem Beiratsmitglied eine Aufwandsentschädigung von 500 EUR jährlich zu zahlen. Diese Regelung tritt rückwirkend ab dem 1.1.2015 in Kraft und gilt bis auf Weiteres.
Wohnungseigentümer K geht gegen diesen Beschluss vor. Der Beschluss verstoße gegen den Ankündigungsgrundsatz. In der Einladung sei nur eine Entschädigung von 100 EUR je Beiratsmitglied angekündigt gewesen. Die Höhe der Aufwandsentschädigung von 500 EUR widerspreche im Übrigen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Die Entscheidung
- Die Klage hat Erfolg! Die Gewährung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 500 EUR an jeden Verwaltungsbeirat entspreche nicht dem Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung. Gemäß § 29 Abs. 2 WEG unterstütze ein Beirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. In rechtlicher Hinsicht handele es sich bei jedem Verwaltungsbeirat um einen Beauftragten im Sinne von §§ 662 ff. BGB. Gemäß § 662 BGB werde der Beauftragte grundsätzlich unentgeltlich tätig; er könne lediglich seine Aufwendungen ersetzt verlangen, § 670 BGB. Es gelte mithin der Grundsatz, dass Verwaltungsbeiräte unentgeltlich tätig werden und nur einen dem tatsächlichen Aufwand entsprechenden oder pauschalierten Aufwendungsersatz erhielten. Letzterer betrage üblicherweise ca. 100 EUR.
- Weshalb im Fall entgegen der Ankündigung in der Tagesordnung eine fünffach höhere "Aufwandsentschädigung" gewährt werde, sei nicht mit konkretem finanziellen Aufwand begründet worden. Vielmehr sei in der mündlichen Verhandlung der Betrag von 500 EUR mit einem besonders hohen zeitlichen Aufwand begründet worden. Gerade dies verkenne aber den Grundsatz aus §§ 662, 670 BGB, wonach die Tätigkeit eines Verwaltungsbeirats – egal, wie viel Zeit damit verbunden sei – unentgeltlich ausgeübt werde und lediglich konkrete – oder angemessen pauschalierte – finanzielle Aufwendungen erstattet werden würden. Auch ein hoher Zeitaufwand bei der Unterstützung des Verwalters rechtfertige eine Verfünffachung des üblichen und bisher vorgesehenen Betrages der Aufwandsentschädigung daher nicht. Selbst wenn in einem konkreten Jahr ein besonders hoher finanzieller Aufwand durch die Beiratstätigkeit entstanden (und belegt) sein sollte, so könnte zwar in diesem Falle eine entsprechend höhere einmalige Aufwandsentschädigung für das entsprechende Jahr beschlossen werden, keinesfalls aber pauschaliert für die Zukunft. Mit der Höhe der im Fall gewährten Aufwandsentschädigung werde die – in rechtlicher Hinsicht klare – Grenze zwischen Aufwendungsersatz und einer Vergütung verwischt. Das Gericht weist hierzu insbesondere auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin zu einer – auch als solches bezeichneten – "Vergütung" in gleicher Höhe hin.
Kommentar
- Jeder Verwaltungsbeirat hat – ist nichts anderes vereinbart – als Beauftragter nach §§ 662, 670 BGB und neben einer etwaigen Vergütung einen Anspruch auf Aufwendungsersatz (Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage, § 29 Rn. 55).
- Schuldner des Anspruchs ist nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG primär der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft, nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG aber auch ein Wohnungseigentümer. Gläubiger ist der einzelne Verwaltungsbeirat.
- Der Anspruch setzt grundsätzlich voraus, dass der entsprechende Verwaltungsbeirat belegen kann, dass er konkrete, einzeln zu benennende Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Erforderlich sind solche Aufwendungen, die der entsprechende Verwaltungsbeirat nach verständigem Ermessen bei Berücksichtigung aller Umstände als notwendig erachten darf. Aufwendungen müssen angemessen sein und in einem vernünftigen Verhältnis zu der Bedeutung des Geschäfts stehen. Beachtlich ist etwa, ob die Aufgaben des Verwaltungsbeirats gegenüber den gesetzlichen Aufgaben erweitert sind, ob die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist, wie groß die Wohnungseigentümergemeinschaft ist und in welchem Ausmaß Mittel über das Hausgeld aufgebracht werden. Erforderlich können etwa die Kosten für den Besuch eines Seminars, für Bücher, für Kopien, für Fahrten oder die Beschaffung von Urkunden sein.
- Der Aufwendungsersatzanspruch kann – wie es im Fall versucht wurde – aus Zweckmäßigkeitsgründen durch eine Pauschale abgegolten werden. Ein Beschluss reicht hierfür allerdings nicht aus, da er § 670 BGB nicht ändern kann. Das Amtsgericht prüft daher nicht den richtigen Fall.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Jedenfalls in größeren Wohnungseigentumsanlagen rate ich dazu, die Möglichkeit zu prüfen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die Verwaltungsbeiräte einen Vertrag schließen, in denen die Rechte und Pflichten der Verwaltungsbeiräte geregelt werden. In diesem Vertrag kann den Verwaltungsbeiräten auch ein...