Leitsatz
1. Die Verjährung von Ansprüchen auf Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung kann grundsätzlich nicht beginnen, bevor der Versicherungsnehmer die nach den Versicherungsbedingungen für den Eintritt der Fälligkeit erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat.
2. Ein früherer Verjährungsbeginn kommt - abgesehen von einer vorherigen Leistungsablehnung des Versicherers - nur in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer diese Mitwirkung treuwidrig unterlässt.
Normenkette
§ 11 VVG, § 12 Abs. 1 VVG, § 11 AUB 61,§ 13 AUB 61, § 242 BGB
Sachverhalt
Der Kl. erlitt am 6.3.1993 bei einem Verkehrsunfall u.a. ein Schädelhirntrauma zweiten Grades. Im ärztlichen Erstbericht vom 7.4.1993 wurde festgestellt, dass der Unfall voraussichtlich eine dauernde Beeinträchtigung (Invalidität) hinterlassen werde. Im Anschluss an die stationären Klinikaufenthalte rechnete die Bekl. mit Schreiben vom 20.8.1993 Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ab und wies zugleich darauf hin, dass ein Dauerschaden innerhalb von 15 Monaten ab dem Unfalltag geltend gemacht werden müsse.
Nachdem im Juli 1998 für den Kl. ein Betreuungsverfahren eingeleitet wurde und ein eingeholtes ärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass er infolge einer auf den Unfall zurückzuführenden hirnorganischen Schädigung als geschäftsunfähig anzusehen sei, beauftragte der am 17.9.1998 bestellte Betreuer einen Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung. Dieser machte mit Schreiben vom 23.11.1998 Invaliditätsleistungen bei der Bekl. geltend. Mit Schreiben vom 12.2.1999 lehnte diese ab, weil die 15-monatige Frist des § 8 II Nr. 1 S. 1 AUB 61 nicht eingehalten worden sei; der Kl. habe Invalidität nicht rechtzeitig geltend gemacht. Nachfolgend berief sie sich auch auf Verjährung.
In beiden Vorinstanzen ist die Klage ohne Erfolg geblieben. Die Revision des Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidung
1. …
2. Nach den Ausführungen des BGH verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gem. § 12 Abs.1 VVG in zwei Jahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift beginne die Verjährung mit Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dabei komme es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an. Es müsse also Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können. Würden Leistungen, die ein Versicherer aus Anlass eines Versicherungsfalls schuldet, zu unterschiedlichen Zeiten fällig, so liefen für die einzelnen Teilleistungen auch unterschiedliche Verjährungsfristen.
a) Geldleistungen des Versicherers seien gem. § 11 Abs. 1 VVG mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Diese Vorschrift sei in zulässiger Weise (§ 15a VVG) durch die §§ 11 und 13 Nr. 1 AUB 61 modifiziert worden.
Gem. § 13 Nr. 1 AUB 61 werde die Entschädigung zwei Wochen nach ihrer Feststellung gem. §§ 11 und 12 AUB 61 gezahlt. Die Feststellung des Versicherers erfolge, soweit Invaliditätsentschädigung beansprucht werde, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vom Anspruchsteller gem. § 11 S. 2 AUB 61 beizubringenden Unterlagen. Somit hingen der Eintritt der Fälligkeit und damit auch der Verjährungsbeginn - wenn der Versicherer nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt die Leistung endgültig und umfassend abgelehnt habe - von bestimmten vorausgehenden Handlungen des Anspruchstellers ab. Ein früherer Verjährungsbeginn in Fällen, in denen diese Mitwirkung unterbleibt, ergebe sich weder aus den vereinbarten Versicherungsbedingungen noch aus den gesetzlichen Verjährungsvorschriften. Die Verjährung könne deshalb grundsätzlich nicht vor den Mitwirkungshandlungen des Anspruchstellers zu laufen beginnen, selbst wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht vorgenommen würden.
aa) Für die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei darauf abzuheben, wann der Kl. die Invaliditätsleistung spätestens hätte verlangen können, gebe es keine Rechtsgrundlage; zudem würde unklar bleiben, wonach sich der hierfür maßgebliche Zeitpunkt bestimmen solle. Ebenso wenig gehe es an, die Verjährung - etwa in Anlehnung an die für die Nichtausübung eines Kündigungs- oder Aufrechnungsrechts geltenden Bestimmungen der §§ 199, 200 BGB a.F. - bereits mit der Möglichkeit beginnen zu lassen, die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Denn dadurch würde beim zögernden Anspruchsteller der Verjährungsbeginn in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise vorverlegt. Schließlich könne nicht auf ein etwaiges Verschulden des VN abgestellt werden. Andernfalls würde ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das auch nicht verlässlich genug die Feststellung des maßgeblichen Zeitpunkts gestatten würde.
Eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns könne nur in Betracht kommen, wenn der VN durch das Unterlassen seiner "Mitwirkung" gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verstoße. Die Darlegungs- und Beweislast für einen solchen Verstoß trage der Ve...