Leitsatz
Leitsatz: Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters beginnt nach § 548 Abs. 1 S. 2, § 200 S. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält (im Anschluss an Senat, BGHZ 162, 30). Dies gilt auch dann, wenn der Mietvertrag erst später endet (amtlicher Leitsatz des BGH).
Normenkette
BGB § 548
Kommentar
Die Mieterin hatte das Mietverhältnis zum 31.10.2003 gekündigt. Am 5.8.2003 fand eine Wohnungsbesichtigung statt. Bei dieser Gelegenheit wurde ein "Protokoll über die Abnahme der Wohnung" gefertigt, in dem verschiedene Mängel vermerkt sind. Im Anschluss hieran heißt es in dem Protokoll:
"Die Mieterin verpflichtet sich, für die fachgerechte Ausführung der protokollierten Arbeiten bis zur Wohnungsrückgabe, spätestens bis zum 31.10.2003 (Vertragsende) zu sorgen."
Bei den "protokollierten Arbeiten" handelte es sich um Schönheitsreparaturen und um die Entfernung diverser Einbauten. Die Mieterin hat dieses Protokoll unterschrieben. Am 2.9.2003 hat die Mieterin die Schlüssel zurückgegeben. Zwischen den Parteien war streitig, ob die Mieterin die "protokollierten Arbeiten" fachgerecht ausgeführt hat.
Der Vermieter hat Klage auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und Schlechterfüllung der Rückgabepflicht erhoben. Die Klage wurde am 10.3.2004 bei Gericht eingereicht und am 16.6.2004 zugestellt. Die Mieterin hat die Einrede der Verjährung erhoben. Die Instanzgerichte haben die Ansicht vertreten, dass die Verjährung erst mit dem rechtlichen Ende des Mietverhältnisses beginnt.
Der BGH ist anderer Ansicht: Nach § 548 Abs. 1 S. 1 BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Dazu zählen auch Ansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und wegen unvollständiger Räumung. Die Verjährung beginnt nach § 548 Abs. 1 S. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Vorliegend erfolgte die Rückgabe am 2.9.2003. Die Verjährungsfrist ist dann am 2.3.2004 abgelaufen. Die Klageschrift ist erst am 10.3.2004 – also nach Fristablauf – bei Gericht eingegangen.
Die Verjährung beginnt auch dann mit der Rückgabe, wenn der Schadensersatzanspruch erst nach der Rückgabe entsteht. Zwar ist in § 200 S. 1 BGB geregelt, dass es für den Verjährungsbeginn grundsätzlich auf die "Entstehung des Anspruchs" ankommt. Allerdings gilt nach § 200 S. 1 BGB eine Ausnahme, wenn "ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist"; hierzu zählt auch der in § 548 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmte Verjährungsbeginn (BGH, Urteil v. 4.5.2005, VIII ZR 93/04, BGHZ 162, 30, 35 = NJW 2005, 2004).
Nach herrschender Meinung spielt es für den Beginn der Verjährung keine Rolle, wenn der Mietvertrag erst nach der Rückgabe endet (Blank/Börstinghaus, Miete, § 548 BGB Rdn. 11; Schilling in: Münchener Kommentar, § 548 BGB Rdn. 13; Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 548 BGB Rdn. 16; Langenberg, WuM 2002, 71). Der BGH folgt dieser Ansicht. Er beruft sich hierbei im Wesentlichen auf den eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung, auf den Gesetzeszweck und auf den erklärten Willen des Gesetzgebers, wie er in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 14/4553, S. 45).
Hinweis
Wird die Mietsache bereits vor dem Vertragsende zurückgegeben und will sich der Vermieter gegen die Einrede der Verjährung sichern, stehen ihm drei Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Er kann mit dem Mieter vereinbaren, dass die Verjährung erst mit der rechtlichen Beendigung des Mietverhältnisses beginnt. Ebenso kann vereinbart werden, dass der Mieter für eine gewisse Zeit nach dem rechtlichen Vertragsende auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet.
2. Der Vermieter kann wegen der Renovierungsansprüche bereits vor Vertragsende eine Leistungsklage erheben. Die Leistungsklage kann mit dem Verlangen auf Zahlung eines Vorschusses verbunden werden.
3. Wegen der sonstigen Ansprüche auf Schadensersatz kann eine Feststellungsklage erhoben werden. Das besondere Feststellungsinteresse ergibt sich aus der drohenden Verjährung (BGH, Urteil v. 23.4.1991, X ZR 77/89, NJW 1991, 2707).
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 15.03.2006, VIII ZR 123/05