Der Versammlungsleiter hätte hier nach Meinung des Gerichts tatsächlich das Zustandekommen eines Mehrheitsbeschlusses feststellen und verkünden müssen. Sollte der Beschluss nur eine Gebrauchsregelung darstellen, hätte er ohnehin gemäß § 15 Abs. 2 WEG mit einfacher Mehrheit gefasst werden können. Gleiches gilt allerdings auch bei wohl anzunehmender Genehmigung bzw. Billigung einer baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG. Insoweit besteht auch hier Beschlusskompetenz der Gemeinschaft, allerdings unter der Bedingung, dass die nachteilig von der baulichen Veränderung beeinträchtigten Eigentümer dieser zustimmen müssen. Insoweit ist in Rechtsprechung und Literatur streitig, wie der Fall zu behandeln ist, wenn ein solcher Beschluss nicht einstimmig gefasst wird, wenn also nicht alle nachteilig beeinträchtigten Wohnungseigentümer zustimmen, sich gleichwohl eine Mehrheit für einen solchen Beschluss gefunden hat. Nach einer Auffassung sei hier der Verwalter verpflichtet, das Zustandekommen eines Beschlusses nur feststellen zu dürfen, wenn alle nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer Zustimmung erteilt hätten (so Merle in Bärmann-Ktr.; Becker/Kümmel/Ott sowie LG München I im Urteil v. 27.4.2009, 1 S 19129/08).
Demgegenüber wird die Gegenauffassung vertreten, dass der Versammlungsleiter nicht zu prüfen habe, ob alle – möglicherweise beeinträchtigten – Wohnungseigentümer zugestimmt hätten; er habe vielmehr bei Vorliegen einer Mehrheit das Zustandekommen des positiven Beschlusses zu verkünden (so Deckert, ZMR 2008, S. 585, 592; Häublein, NJW 2005, S. 1466, 1468; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, Rn 809 bis 811; Jennißen/Hogenschurz WEG § 22 Rn 21). Das Gericht schließt sich der zuletzt genannten Auffassung entgegen der vorgenannten Entscheidung des LG München I an.
Verwalter haben Beschlüsse durchzuführen, und zwar auch in Erwartung einer möglichen erfolgreichen Anfechtung, auf die auch verzichtet werden kann. Wurde ein nicht nichtiger Beschluss bindend, kann und darf seine Rechtmäßigkeit auch nicht weiter hinterfragt werden. Ein Verwalter hat nicht im Sinne einer Vorschaltkontrolle zu überprüfen, ob ein Beschluss auch ordnungsgemäß ist. Der Verwalter ist nicht Aufsichtsorgan der Wohnungseigentümer, sondern vielmehr ausführendes Organ. Für Rechtmäßigkeitskontrollen ist das Gericht zuständig, nicht der Verwalter, sodass die Auffassung des LG München daher schon im Ansatz nicht überzeugen kann. Auch muss zwischen dem Zustandekommen eines Beschlusses und seiner Ordnungsgemäßheit differenziert werden, da es sich insoweit um 2 verschiedene Tatbestände handelt. Ein Beschluss kann auch zustande kommen, obwohl er ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Dies gilt auch hinsichtlich einer Beschlussfassung nach § 22 Abs. 1 WEG.
Anders ist dies allein im Falle gebotener Quorumsmehrheit für eine Beschlussfassung. Unschwer lassen sich hier Stimmergebnisse errechnen.
Ob demgegenüber bei baulichen Veränderungen einzelne Eigentümer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus benachteiligt sind, ist zum einen jeweils Tatfrage, kann zum andern auch von schwierigen rechtlichen Bewertungen abhängen. Hinzu kommen auch noch Rechtsbewertungen, mitunter sogar in Abwägung zu grundrechtlichen Bestimmungen. Insoweit ist ein Versammlungsleiter mit solchen Feststellungen in einer Versammlung regelmäßig überfordert, besitzt auch nicht die Möglichkeit wie ein Gericht zur Beweisaufnahme und umfassenden rechtlichen Bewertung. Damit können auch Beschlüsse nach § 22 Abs. 1 WEG nicht mit solchen nach § 22 Abs. 2 WEG und dort erforderlichem Quorum verglichen werden.
Die Anfechtungslast kann auch nicht der beschließenden Mehrheit aufgebürdet werden, vielmehr müssen überstimmte Wohnungseigentümer durch Beschlussanfechtung die Initiative ergreifen und ihre Rechte wahren. Die Verantwortung kann insoweit nicht auf einen Versammlungsleiter delegiert werden.