Sachverhalt
Ausgangslage:
Gemäß § 264 HGB sind alle Kapitalgesellschaften verpflichtet, ihren Jahresabschluss aufzustellen und gem. § 325 HGB ihn zu veröffentlichen. Gemäß § 264a HGB gilt diese Verpflichtung auch für alle Personenhandelsgesellschaften, die nicht eine natürliche Person als voll haftenden Gesellschafter haben, also für alle "GmbH & Co. KG" oder "Limited & Co. KG". Ausnahmen von diesen Pflichten zur Erstellung und Veröffentlichung eines Jahresabschlusses bestehen gem. § 264 Abs. 3 HGB bzw. § 264b HGB nur dann, wenn die betroffene Gesellschaft in einen veröffentlichten Konzernabschluss einbezogen ist. Daneben müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein.
Zur Entsacheidung:
Die Entscheidung des LG Bonn beschäftigt sich mit einem Unterschied in der Gesetzesformulierung, der auf den ersten Blick übersehen werden wird:
§ 264 Abs. 3 HGB setzt für die Befreiung einer Kapitalgesellschaft von der Verpflichtung zur Erstellung und Veröffentlichung ihres Jahresabschlusses eindeutig voraus, dass es sich um die Tochtergesellschaft einer Muttergesellschaft handelt, die zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist und in deren veröffentlichten Konzernabschluss die betroffene (Tochter-)Gesellschaft einbezogen ist.
Für Personenhandelsgesellschaften verlangt § 264b Nr. 1 HGB als Voraussetzung für die Befreiung von der Veröffentlichungspflicht weniger deutlich die Einbeziehung in den Konzernabschluss "eines" Mutterunternehmens. Da es nicht heißt "ihres" Mutterunternehmens hat das LG Bonn entschieden, dass es sich auch um den von der betroffenen Gesellschaft als Konzernspitze selbst aufgestellten Konzernabschluss handeln kann. Eine GmbH & Co. KG kann damit die Veröffentlichung ihres Jahresabschlusses dadurch verhindern, dass sie einen Konzernabschluss für sich und ihre Tochtergesellschaften aufstellt und veröffentlicht (soweit die weiteren Voraussetzungen des § 264b HGB erfüllt sind).
Begründet wird diese unterschiedliche Behandlung von Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften mit der Vollhaftung der Komplementär-GmbH - was angesichts deren eigener Haftungsbeschränkung nur bedingt überzeugt.
Hinweis
Die Vermeidung der Offenlegung des eigenen Jahresabschlusses ist ein häufig geäußerter Wunsch insbesondere mittelständischer Unternehmen. Es wird befürchtet, dass Konkurrenten oder Vertragspartner dem Jahresabschluss wichtige Informationen entnehmen und im Wettbewerb gegen den Ersteller verwenden können.
Vollständig vermeiden lässt sich die Veröffentlichung von Abschlüssen nur durch die Aufnahme einer natürlichen Person als Vollhafter in eine Personenhandelsgesellschaft, d.h. das Tätigwerden in einer klassischen KG.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, zumindest die Menge und Qualität der veröffentlichten Informationen zu beeinflussen. Dies beginnt bei der konsequenten Inanspruchnahme von Befreiungsvorschriften für "Kleine Kapitalgesellschaften" i.S.d. § 267 HGB und endet bei der Möglichkeit der Veröffentlichung eines IFRS-Abschlusses gem. § 325 Abs. 2a HGB.
Die Entscheidung des LG Bonn rückt in das Blickfeld, dass freiwillige Konzernabschlüsse zumindest für GmbH & Co. KG eine weitere Möglichkeit darstellen. Denn hierdurch kann die Veröffentlichung des eigenen Jahresabschlusses vermieden werden. Interessant ist dies insbesondere dann, wenn bestimmte Geschäftsfelder innerhalb einer Gruppe nicht nur organisatorisch, sondern auch rechtlich getrennt sind, sodass sich aus den einzelnen Jahresabschlüssen der Konzerngesellschaften ggf. Rückschlüsse auf Preise, Marge etc. herleiten lassen. Dies kann durch die Aufstellung und Veröffentlichung eines alle Konzerngesellschaften umfassenden Konzernabschlusses vermieden werden (immer vorausgesetzt, dass die übrigen Voraussetzungen des § 264b HGB erfüllt sind).
Link zur Entscheidung
LG Bonn, Beschluss vom 30.09.2009, 30 T 848/09