Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 254 Abs. 1 BGB, § 537 BGB, § 538 BGB, § 541 BGB, § 542 BGB, § 1004 BGB
Kommentar
1. Vermietet ein Sondereigentümer Räume, die in der Teilungserklärung als Laden bezeichnet wurden, zum Betrieb einer Gaststätte, handelt es sich um einen Rechtsmangel im Sinne des § 541 BGB (nicht um einen Sachmangel im Sinne des § 532 BGB), wenn die restlichen Eigentümer die von der Gaststätte ausgehenden Störungen nicht hinnehmen wollen und gegen den Mieter gem . § 1004 BGB auf entsprechende Nutzungsunterlassung vorgehen wollen. Solche Direktansprüche der Eigentümer gegen einen Mieter sind zwischenzeitlich mehrfach obergerichtlich bestätigt worden (vgl. z.B. OLG München, NJW-RR 92, 1492; OLG Stuttgart, OLGZ 93, 65; OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 93, 981 und OLG Karlsruhe, Entscheidung v. 22. 9. 1993, Az.: 6 U 49/93= NJW-RR 3/94, 146).
2. Der Mieter kann hier Gewährleistungsansprüche gegen seinen Vermieter geltend machen, wenn er die nach dem Mietvertrag vereinbarte Nutzung (hier: zum Betrieb einer Gaststätte) aufgrund der entgegenstehenden Rechte der restlichen Eigentümer nicht (mehr) wahrnehmen kann. Insoweit reicht es aus, dass die restlichen Wohnungseigentümer von ihrem Recht Gebrauch machen wollen (vgl. BGHZ 63, 132 = MW 75, 44). Beim Vorliegen eines Rechtsmangels sind nach der Verweisung des § 541 BGB die § 537 BGB und § 538 BGB entsprechend anwendbar (keine Mietzinszahlungspflicht mehr; Schadenersatzanspruchsmöglichkeit wegen Nichterfüllung).
3. Nach dem vorliegenden Mietvertrag besaß der Mieter auch das Recht zur Untervermietung, wovon er Gebrauch gemacht hatte (zu höherem Mietzins). Nach Untersagung des Betriebes der Gaststätte durch das Wohnungseigentumsgericht stellte der Mieter seine Mietzahlung ein und forderte u. a. als entgangenen Gewinn die Differenz zwischen seinem Mietzins an den Vermieter und dem von ihm erzielten Untermietzins für die Dauer der Vertragszeit. In dieser Forderung sah das Gericht kein treuwidriges Verhalten des Mieters.
4. Das Recht zur Kündigung nach § 542 BGB und Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung nach § 538 Abs. 1 BGB bestehen nebeneinander, sind also nicht nur alternativ geltend zu machen. Ein Mieter ist - wie hier - auch nicht zur Kündigung verpflichtet. Allerdings darf ein Mieter Räume nicht jahrelang leer stehen lassen; vielmehr ist er aus Gründen der Schadensminderungspflicht(§ 254 Abs. 1 BGB) verpflichtet, zur Minderung des Schadens Räume als Ladenlokal zu vermieten. Auf Schadenersatzansprüche muss er sich dann Einkünfte anrechnen lassen, die sich durch anderweitige Nutzung der Geschäftsräume erzielen lassen bzw. die schuldhaft nicht erzielt wurden. Abzustellen ist hier auf Vermietung zu berechtigten Zwecken, d.h. Vermietung bzw. Untervermietung als Ladenlokal, nicht als Gaststätte.
Link zur Entscheidung
( BGH, Urteil vom 18.01.1995, XII ZR 30/93= NJW-RR 12/95, 715)
Zu Gruppe 5: Vermietung von Eigentumswohnungen