Tobias Böing, Jochem Schausten
12.1 Allgemeines
Rz. 340
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft gab es in der Gesellschaft seit jeher, eine wirkliche Akzeptanz erfährt sie jedoch erst seit den 1970er Jahren. Seither ist die Zahl derer, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenleben, rapide gestiegen. Dies macht eine nähere Befassung mit den zwischen den nichtehelichen Lebensgefährten bestehenden Rechtsbeziehungen und sich daraus ergebenden Ansprüchen durchaus erforderlich.
Rz. 341
Der Begriff der nichtehelichen Lebensgemeinschaft lässt sich aufgrund der Vielfalt der partnerschaftlichen Lebensformen nicht einheitlich definieren. Man wird jedoch festhalten können, dass es bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft um eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft handelt, die auf Dauer angelegt ist und daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, sich durch innere Bindungen auszeichnet und ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht.
Früher wurde häufig angenommen, dass diejenigen Paare, die unverheiratet zusammenleben, sich rechtlich auch nicht binden wollen. Das mag grundsätzlich auch richtig sein, denn das wesentliche Merkmal einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist ja gerade ihre rechtliche Unverbindlichkeit und ihre jederzeitige freie Lösbarkeit.
Auch der BGH hat in älteren Entscheidungen regelmäßig einen Ausgleichsanspruch verneint.
Rz. 342
Zwischen den Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft besteht daher grundsätzlich ein Abrechnungs- und Verrechnungsverbot. Ausgleichsansprüche der in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Paare wurden nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen.
12.2 Möglichkeiten des Ausgleichs
Rz. 343
Die nichtehelichen Lebensgefährten wollen sich jedoch dennoch nicht in einem völlig rechtsfreien Raum bewegen. Ansprüche nach allgemeinen schuld- und sachenrechtlichen Regeln bestehen selbstverständlich auch zwischen nichtehelichen Lebensgefährten. Das o. g. Abrechnungsverbot geht nur so weit, als dass die im Rahmen der Haushalts- und Lebensführung erbrachten Geld- und Dienstleistungen bei der Trennung nicht verrechnet werden können.
Rz. 344
Ob Ausgleichsansprüche bestehen oder nicht, ist nicht zuletzt auch von dem Bereich des Zusammenlebens abhängig, in dem die Aufwendungen getätigt wurden.
Rz. 345
Dient die Aufwendung der Erfüllung der laufenden Unterhaltsbedürfnisse oder der Entrichtung der Miete für die gemeinsam genutzte Wohnung, so findet ein Ausgleich nach Beendigung der Lebensgemeinschaft nicht statt. Dies deshalb, weil solche Leistungen in dem Bewusstsein erbracht werden, dass jeder Partner nach seinen Möglichkeiten zur Gemeinschaft beizutragen hat und diese nach Scheitern der Lebensgemeinschaft nicht als zwecklos erachtet werden können.
Rz. 346
Wenn die Leistungen jedoch über die normale Lebensführung hinausgehen, so erfolgt diese Zuwendung regelmäßig in der Erwartung, dass die Gemeinschaft Bestand haben werde. Wenn der Empfänger der Leistung dies auch wusste oder erkennen konnte, so ist der Leistende schutzwürdig und es findet ein Ausgleich statt; sofern die Lebensgefährten hierzu explizit Regelungen in Form eines Partnerschaftsvertrages getroffen haben nach der hierin enthaltenen Regelung, sofern es keinen Vertrag gibt nach den Vorschriften über die Gesellschaft, aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage und ggf. auch aus der Zweckverfehlungskondiktion. Eine umfassende Gesamtauseinandersetzung nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die sämtliche während ihres Bestehens erbrachten Leistungen und Zuwendungen erfasst, findet nach neuer Rechtsprechung weiterhin nicht statt.
12.2.1 Übertragung der Grundsätze der Ehegatteninnengesellschaft
12.2.1.1 Zustandekommen
Rz. 347
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt nicht alleine schon deshalb in Betracht, weil Personen zusammen leben und wirtschaften. Aus diesem Grunde kann eine nichteheliche Lebensgemeinschaft nach deren Beendigung auch nicht umfassend über das Gesellschaftsrecht abgewickelt werden.
Rz. 348
Nach älterer Rechtsprechung des II. Senats des BGH soll eine Abwicklung nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften dann möglich sein, wenn der Partner, der einen Ausgleich verlangt, einen wesentlichen Beitrag erbracht hat. Eine genaue Grenze, ab wann ein Beitrag als wesentlich zu bewerten ist, wurde jedoch nicht festgelegt. Entscheidend war bei den Entscheidungen stets, dass es au...