Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 15
Bei Immobilien können die Eigentumsverhältnisse eindeutig aus dem Grundbuch ersehen werden, sodass hier gar nicht erst die o. g. Problematik der Zuordnung der Gegenstände besteht.
2.5.1 Neuregelung der Nutzung
Rz. 16
Bei der Neuregelung der Nutzung ist zu unterscheiden, ob es sich bei der im gemeinschaftlichen Eigentum der Eheleute stehenden Immobilie um das Familienheim (das Gesetz spricht hier von der Ehewohnung) oder um eine weitere, beispielsweise an einen Dritten vermietete Immobilie handelt.
Rz. 17
Wird die Immobilie von den Eheleuten nicht selbst bewohnt, richtet sich die Neuregelung der Nutzung nach der Trennung nach 745 Abs. 2 BGB. Ein Ehegatte kann als Teilhaber von dem anderen Ehegatten eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen und ggf. gerichtlich durchsetzen. Dies gilt auch für andere von den Ehegatten gemeinsam bestellten dinglichen Rechte (z. B. Wohnrecht, Nießbrauch).
Rz. 18
Betrifft die Neuregelung der Nutzung jedoch die Ehewohnung, gelten die besonderen Vorschriften der §§ 1361b, 1568a BGB und § 2 GewSchG vorrangig vor § 745 Abs. 2 BGB. § 2 GewSchG und § 1361b BGB sind nach der Trennung nebeneinander anwendbar, wobei zu beachten ist, dass unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen gelten. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Begriff der Ehewohnung weit auszulegen und erfasst alle Räume, die die Ehegatten zum Wohnen benutzten oder die dafür nach den Umständen bestimmt waren. Der nach dem Willen der Ehegatten vorausgesetzte bestimmungsgemäße Gebrauch zum Wohnen setzt voraus, dass der Umfang der tatsächlichen Nutzung ein solches Maß erreicht, dass von einem Lebensmittelpunkt der Eheleute gesprochen werden kann, der zumindest für nicht unerhebliche Zeiträume bestanden hat. Vor diesem Hintergrund können Eheleute mehrere Ehewohnungen unterhalten, wenn sie sich dort über längere Zeiträume regelmäßig aufhalten und in dieser Zeit dort den Schwerpunkt ihres familiären Zusammenlebens gestalten.
Auch eine Ferienimmobilie kann als Ehewohnung qualifiziert werden, wenn die Eheleute mehrmals im Jahr über mehrere Wochen dort Urlaub machen.
Besteht eine dingliche (Allein-)Berechtigung des weichenden Ehegatten, ist die Zuweisung der Ehewohnung nach dem Gewaltschutzgesetz gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewSchG auf sechs Monate zu befristen, während gem. § 1361b BGB eine Zuweisung für die gesamte Trennungszeit beschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB während der Trennungszeit in der Regel vorzugswürdig, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Der ausgezogene Ehegatte hat trotz seiner Miteigentümerstellung mit seinem Auszug keine Möglichkeit mehr, dem anderen Ehegatten zu untersagen, Dritte in die Immobilie zu lassen (meist betrifft dies den neuen Partner des wohnen gebliebenen Ehegatten), ebenso wenig wie er ein Recht darauf hat, die Wohnung ohne berechtigten Grund zu betreten.
2.5.2 Nutzungsentgelt und Übernahme von Verbindlichkeiten
Rz. 19
Mit der Trennung der Eheleute und dem Auszug eines Ehegatten aus der vormaligen Ehewohnung stellt sich zwangsläufig die Frage, wie zukünftig bei noch bestehenden Verbindlichkeiten die Lastentragung geregelt wird und ob und in welcher Höhe ein Nutzungsentgelt durch den in der Wohnung verbliebenen Ehegatten gezahlt werden muss. Es ist dabei zwischen der Zeit bis zur Rechtskraft der Ehescheidung und danach zu unterscheiden. Es gelten auch hier grundsätzlich die spezialgesetzlichen Regelungen der §§ 1361b, 1568a BGB bzw. § 2 GewSchG vorrangig vor den allgemeinen Vorschriften (insbesondere vor § 745 Abs. 2 BGB), wobei eine Neuregelung aufgrund der Sonderregelungen letztlich eine Neuregelung des Gemeinschaftsverhältnisses i. S. v. § 745 Abs. 2 BGB bedeutet.
Rz. 20
Während des Getrenntlebens richtet sich die Behandlung der Ehewohnung grundsätzlich nach § 1361b BGB, in dessen Abs. 3 Satz 2 eine Vergütung für die Nutzung geregelt ist, wenn diese der Billigkeit entspricht.
Rz. 21
Bezüglich des bis zum 31.12.2001 geltenden "alten" § 1361b BGB herrschte Streit, ob dieser lediglich dann einen Anspruch auf Nutzungsentgelt schaffe, wenn dem Auszug des einen Ehegatten ein Wohnungszuweisungsverfahren vorausgegangen war oder ob dieser auch auf die Fälle des freiwilligen Auszugs angewendet werden kann.
Seit Geltung des neuen § 1361b BGB wird jedoch ganz überwiegend vertreten, dass § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB nicht nur für die Zuweisungsfälle, sondern auch für alle Fälle freiwilligen Auszugs die Anspruchsgrundlage sein solle:
Rz. 21
"Für getrennt lebende Eheleute, die zugleich Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft i. S. d. §§ 741 ff. BGB an der ...