Tobias Böing, Jochem Schausten
6.1 Weitere Vermögensgegenstände
Rz. 95
Ehegatten wenden einander während des Zusammenlebens neben den klassischen Geburtstags- und Weihnachtsgeschenken auch weitere Vermögensgegenstände zu. Dies kann verschiedene Hintergründe haben, geschieht aber oft zu einem Zweck, der über das bloße Beschenken hinausgeht. So werden Vermögensgegenstände oft deshalb übertragen, weil auch der Zuwendende dadurch einen Vorteil erfährt; etwa bei Selbstständigen, damit der Vermögensgegenstand vor Gläubigern geschützt wird. Scheitert die Ehe, hat der zuwendende Ehegatte ein Interesse daran, die übertragenen Gegenstände zurück zu verlangen. Ob und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen er darauf einen Anspruch hat, soll im Folgenden näher ausgeführt werden.
6.2 Zuwendung
Rz. 96
Bei der Prüfung, ob es sich bei den übertragenen Gegenständen um eine Zuwendung handelt, muss der Begriff der Zuwendung zunächst näher definiert werden. Eine Zuwendung liegt dann vor, wenn jemand einen anderen aus seinem Vermögen im Regelfall durch Übertragung von Sachen oder Rechten bereichert. Dadurch muss beim Zuwendenden eine Vermögensminderung und beim Empfänger eine Bereicherung eintreten. Aus diesem Grunde sind Arbeitsleistungen des einen für den anderen Ehegatten keine Zuwendungen, weil beim Zuwendenden keine Vermögenseinbuße entsteht. Gleiches gilt für die bloße Mithaftung für Kredite oder auch die bloße Gewährung von Sicherheiten.
Rz. 97
Beispiel für ehebezogene Zuwendungen:
Ein Ehegatte räumt dem anderen ein widerrufliches oder unwiderrufliches Bezugsrecht an seiner Lebensversicherung ein.
Ein Ehegatte zahlt auf den Bausparvertrag des anderen Geld ein.
Ein Ehegatte als Alleineigentümer eines Hausgrundstücks überträgt dem anderen den hälftigen Anteil an der Immobilie.
Ein Ehegatte erwirbt zur gemeinsamen Alterssicherung Wertpapiere aus seinem Einkommen/Vermögen.
Ein Ehegatte übernimmt die Schuld des anderen mit befreiender Wirkung.
Ein Ehegatte tilgt während des Zusammenlebens die Raten für einen gemeinsam aufgenommenen Kredit.
6.3 Ehebezogene Zuwendung oder Schenkung
Rz. 98
Die Voraussetzungen, unter denen ehebezogene Zuwendungen oder Schenkungen zurückgefordert werden können, sind gänzlich verschieden. Aus diesem Grund muss zwischen diesen beiden Konstellationen zwingend vorab unterschieden werden.
6.3.1 Ehebezogene Zuwendung
Rz. 99
Der BGH nimmt in ständiger Rechtsprechung eine ehebezogene Zuwendung an,
"wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde. Darin liegt die Geschäftsgrundlage für die Zuwendung."
Leistungen, die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens erbracht werden oder Leistungen desjenigen Ehegatten, der nichts zu den laufenden Kosten beiträgt, stattdessen aber größere Einmalzahlungen erbringt, sind nicht als ehebezogene Zuwendungen zu qualifizieren (BGH, FamRZ 2013, 1295). Als ehebezogene Zuwendung kommt hingegen die Leistung der monatlichen Kreditrate für die Immobilie, die im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht, in Betracht (BGH, FamRZ 2013, 1295).
Die Voraussetzungen für eine ehebezogene Zuwendung müssen positiv festgestellt werden.
6.3.2 Schenkung
Rz. 100
Eine Schenkung ist dann anzunehmen, wenn nach dem erkennbaren Willen des Zuwendenden die Leistung zu einer den Empfänger einseitig begünstigenden und frei disponiblen Bereicherung führen soll, wenn die Zuwendung nicht um der Ehe willen, sondern freigebig und uneigennützig, zur freien Verfügung des Beschenkten und unabhängig vom Fortbestand der Ehe erfolgt. Klassische Beispiele sind Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke.
Rz. 101
Es ist für die Abgrenzung zwischen einer Schenkung und einer ehebezogenen Zuwendung darauf abzustellen, ob die Zuwendung aus reiner Uneigennützigkeit und echter Freigiebigkeit erfolgt oder ob sie dem Erhalt und der Sicherung der Ehe und um deren Willen erfolgt ist. Glaubt der Ehegatte, der den Vermögensgegenstand dem anderen überträgt, an den Fortbestand der Ehe und erwartet daher, dass ihm der Gegenstand letztlich doch nicht verloren geht, so verfolgt er auch eigene Interessen. Die Zuwendung ist damit ehebezogen.
In der Regel ist bei Zuwendungen, die keine Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke sind, davon auszugehen, dass es sich d...