Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 115
Ist nach der vorgenannten Prüfung der Kriterien ein Anspruch zu bejahen, findet dieser in der Regel in Geld statt. Die dingliche Rückgewähr genau des zugewendeten Gegenstandes kommt nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, wenn dadurch ein untragbarer, mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbarer Zustand vermieden werden kann.
Rz. 116
Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Der BGH hat hierzu verschiedene Beurteilungskriterien aufgestellt, die sich sowohl auf die Vergangenheit, Gegenwart als auch auf die Zukunft beziehen:
- die Dauer der Ehe bis zur Trennung,
- die Art und den Umfang der erbrachten Leistungen,
- die Höhe der hierdurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung,
- das Alter der Beteiligten im Zeitpunkt der Scheidung,
- die Art und den Umfang der vom begünstigten Ehegatten innerhalb seines zwischen den Ehegatten einvernehmlich gestalteten Aufgabenbereichs erbrachten Leistungen, wozu die Pflege und Erziehung von Kindern und die Führung des Haushalts ebenso zählen wie die Mitarbeit im Unternehmen des anderen Ehegatten,
- der Einsatz eigener, nicht zurückzugewährender Vermögenswerte, Einkommen aus künftiger Erwerbstätigkeit oder aus Vermögen, wobei gesundheitliche Belastungen ebenso mit einzubeziehen sind wie Risiken aus der Art der Vermögenslagen.
- Eheverfehlungen sind nicht zu berücksichtigen.
Rz. 117
Das entscheidende Kriterium wird die Dauer der Ehe sein, weil hieran zu bemessen ist, ob nicht möglicherweise der Zweck der Zuwendung über die Jahre der Ehe erreicht wurde. Möglicherweise kommt so nur noch die Herausgabe eines Teils des Zugewendeten in Betracht, da letztlich nur das zurück zu erstatten ist, dessen Begünstigung über die Trennung hinaus fortwirkt. Teilweise wird insoweit vertreten, dass der Zweck der Zuwendung nach einer Ehedauer von 20 Jahren erreicht sei (Büte, FuR 2011, 664; OLG Düsseldorf, FamRZ 2014, 161). Teilweise wird auch folgende Berechnungsformel vorgeschlagen:
Beim Empfänger noch vorhandenes Vermögen x Zeitraum zwischen Zuwendung und Scheitern der Ehe : Zeitraum und statistischem Ende der Ehe
Der Ehemann wendet seiner Ehefrau E im Juni 2000 einen Vermögenswert in Höhe von 200.000 EUR zu. E ist 1960 geboren. Die Ehe scheitert im Juni 2010. Der Vermögenswert ist zu diesem Zeitpunkt noch vollständig vorhanden.
Ehedauer zwischen Zuwendung und Scheitern der Ehe = 10 Jahre
Statistische Lebenserwartung E zum Zeitpunkt der Zuwendung = 43,5 Jahre
Abschlag wegen Zweckerreichung (10 : 43,5) = rund 23 %
Ergebnis: Wegen teilweiser Zweckerreichung beträgt der Rückgewähranspruch nur noch 154.000 EUR.
Obere Grenze des Ausgleichsanspruchs in Geld ist der Betrag, um den das Vermögen des Zuwendungsempfängers bei Trennung der Ehegatten infolge der Leistungen des Zuwendenden noch gemehrt war.