Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 121
Beispiel
Die Verlobten M und F bauten im Jahr 2000 auf einem im Alleineigentum des M stehenden Grundstück ein Haus. Die Kosten für den Hausbau trugen M und F gemeinsam mit je 150.000 EUR. Nachdem das Haus fertiggestellt war, heirateten M und F im Jahr 2003. Das bebaute Grundstück verblieb weiterhin im Alleineigentum des M. 2008 stellte die F den Scheidungsantrag. Sie verlangt nunmehr ihre Investitionen für den Hausbau von M zurück. F hat keinen Zugewinn erzielt und das Haus stellt das einzige Vermögen des M dar.
Rz. 122
Ein Anspruch gem. § 812 Abs. 1 Alt. 2 BGB wegen Zweckverfehlung kommt nicht in Betracht, weil ein Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens einer Erwartung (hier beispielsweise die Übertragung des hälftigen Miteigentums auf die F nach der Heirat) eine Willensübereinstimmung mit dem anderen Teil voraussetzt. Einseitige Erwartungen genügen nicht. Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass Leistungszwecke das Zustandekommen der Ehe und die Nutzung des Hauses als Familienheim seien und diese seien erreicht worden.
Rz. 123
Ein Rückgriff auf die bei Zuwendungen während bestehender Ehe anwendbare Vorschrift des § 313 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage kann nach dem BGH aber nicht bereits deshalb ausscheiden, weil die Ehe tatsächlich noch nicht besteht. Der Bestand der später geschlossenen Ehe diene als Geschäftsgrundlage. Scheitere die Ehe, so komme ein Anspruch aus § 313 BGB in Betracht.
Der Ausgleich ehebezogener Zuwendungen nach § 313 BGB findet aber nur dann statt, wenn der vorrangige Zugewinnausgleich zu keinem angemessenen und tragbaren Ergebnis führt. Da die F im vorgenannten Beispielsfall durch ihre finanzielle Unterstützung das Anfangsvermögen des M mehrt, führt dies im Zugewinnausgleich für sie zu negativen Konsequenzen. Durch das erhöhte Anfangsvermögen ist der Zugewinn des M geringer und damit ist auch der Ausgleichsanspruch der F geringer. Dieses Ergebnis wäre in der Tat unangemessen, sodass der F ein ergänzender Ausgleichsanspruch nach § 313 BGB zusteht.
Rz. 124
Der Anspruch ist aber der Höhe nach begrenzt auf den Betrag, den er im Zugewinnausgleich erhalten hätte, wäre die Zuwendung erst nach der Eheschließung erfolgt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass zwei separate Berechnungen durchgeführt und die Ergebnisse verglichen werden müssen. Die erste Berechnung erfolgt anhand der tatsächlichen Verhältnisse, die zweite fiktiv mit der Annahme, dass die Zuwendungen erst nach der Eheschließung erfolgt wären.
Für den Beispielsfall bedeutet dies Folgendes (angenommen, der Wertzuwachs des Grundstücks beträgt durch die Bebauung 300.000 EUR):
F könnte über § 313 BGB einen – indexierten – Betrag von 150.000 EUR erhalten.
Rz. 125
Diese Grundsätze gelten im Regelfall auch für Zuwendungen, die zwischen in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebenden Personen erfolgten (aber nur, wenn diese tatsächlich zusammengelebt haben), sofern sie später geheiratet haben. Die Rückforderung dieser "gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen" ist der Höhe nach ebenfalls begrenzt durch die Höhe eines fiktiv zu berechnenden Zugewinnausgleichanspruchs.