Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 139
Als Fazit kann aus den genannten Entscheidungen gezogen werden, dass die Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen erleichtert wird. Diese Erleichterung wird dadurch erreicht, dass nunmehr auch Rückforderungsansprüche nach Schenkungsrecht möglich sind (insbesondere nach § 530 BGB wegen groben Undanks) und dass bei Scheitern der Ehe in Betracht kommende Ansprüche aus § 313 BGB durch ein mögliches Profitieren des eigenen Kindes über den Zugewinnausgleich beeinträchtigt wird. Denn im Zugewinnausgleich fällt die Zuwendung beim Schwiegerkind als Schenkung anders als bisher ins Anfangsvermögen. Da die Schenkung auch im Endvermögen – soweit sie noch vorhanden ist – berücksichtigt wird, stehen sich Zuwendung und Rückgewähranspruch in der Regel zugewinnausgleichsneutral gegenüber.
Rz. 140
Beispiel
Die Schwiegereltern E wenden ihrer Tochter T und deren Ehemann M im Verlauf der Ehezeit Geld zu. Jeder von ihnen erhält 20.000 EUR. Beide hatten bei der Eheschließung kein Vermögen. Am Ende der Ehezeit waren sie Miteigentümer eines Hausgrundstücks im Wert von 250.000 EUR.
Lösung nach alter Rechtsprechung:
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T |
M |
Anfangsvermögen: |
0 EUR |
0 EUR |
Hinzurechnung: |
20.000 EUR |
0 EUR |
Endvermögen: |
125.000 EUR |
125.000 EUR |
Zugewinn: |
105.000 EUR |
125.000 EUR |
T hat also gegen M einen Ausgleichsanspruch von 10.000 EUR (nämlich 125.000 – 105.000 = 20.000 / 2). So kam die Hälfte des Wertes der Zuwendung über den Zugewinn zurückverlangt werden.
Lösung nach neuer Rechtsprechung:
Die Schenkung an den M ist um einen (geschätzten) Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern von 10.000 EUR sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen zu reduzieren.
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T |
M |
Anfangsvermögen: |
0 EUR |
0 EUR |
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20.000 EUR |
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- 10.000 EUR |
Hinzurechnung: |
20.000 EUR |
10.000 EUR |
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125.000 EUR |
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- 10.000 EUR |
Endvermögen: |
125.000 EUR |
115.000 EUR |
Zugewinn: |
105.000 EUR |
105.000 EUR |
Die schwiegerelterliche Zuwendung wirkt sich daher im Zugewinn nicht aus, so der BGH in seiner Entscheidung. Diese Ausführungen gelten allerdings nur, wenn man – wie der BGH vorgeht – die Indexierung des Anfangsvermögens außer Acht lässt.
Berücksichtigt man die Indexierung des Anfangsvermögens, gilt aus Sicht des Zuwendungsempfängers und Zugewinnausgleichspflichtigen folgende Regel: Je geringer der Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern, desto geringer der Zugewinnausgleichsanspruch des Ehegatten.
Das Schwiegerkind muss allerdings nicht befürchten, doppelt – nämlich einmal über den Zugewinnausgleich und einmal über die Schwiegereltern – in Anspruch genommen zu werden.
Rz. 141
Weitere Folgen und Überlegungen aus der neuen Rechtsprechung des BGH:
Für die Frage, wie die Höhe des Rückgewähranspruchs konkret zu ermitteln ist, bietet der BGH keine Hilfestellung.
Soweit der BGH nun auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Zweckverfehlung für möglich hält, sind weder deren Voraussetzungen noch deren Korrektur (z. B. nach § 813 Abs. 3 BGB) auch nur ansatzweise geklärt.
Grundsätzlich sind bereicherungsrechtliche Ansprüche, wie auch Ansprüche nach § 313 BGB, der Höhe nach begrenzt durch den Wert, mit dem die Zuwendung beim Schwiegerkind noch vorhanden ist. § 818 Abs. 3 BGB. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der noch vorhandenen Vermögensmehrung ist beim Bereicherungsanspruch nicht zwingend der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe. Ein Bereicherungsschuldner kann sich ab dem Zeitpunkt, zu dem er verschärft haftet, nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Ist der Zuwendungsempfänger ausgleichspflichtig, ist § 1378 Abs. 2 BGB zu beachten. Wenn der Wert des Rückforderungsanspruchs das Vermögen des Schwiegerkindes bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages übersteigt, trägt das ausgleichsberechtigte Kind den durch den Rückforderungsanspruch hervorgerufenen Verlust im Zugewinnausgleich.