Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 148
Die Höhe dieses Aufwendungsersatzes wird nach einer Entscheidung des BGH, mit der er seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben hat, nunmehr wie folgt ermittelt:
Die Steuerschuld wird nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die bei getrennter Veranlagung (ab Veranlagungsjahr 2013: Einzelveranlagung) anfielen, aufgeteilt. Zur Ermittlung des Ausgleichs wird also eine fiktive Einzelveranlagung (bis zum Veranlagungsjahr 2012: getrennte Veranlagung) unter Heranziehung des § 270 AO durchgeführt, das Maß der jeweiligen Verursachung der Steuerlast ist Ausgleichsmaßstab. Dies gilt nach dem BGH gleichermaßen für Steuererstattungen wie für Steuernachforderungen, und zwar unabhängig davon, ob Letztere erstmals oder nachträglich festgesetzt worden sind. Denn in allen Fällen gehe es um die Steuerschuld, welche die Ehegatten jeweils zu tragen haben. Die Steuererstattung bzw. Steuernachforderung wird also unter Einbeziehung der geleisteten Steuerzahlungen verteilt.
Bei einer Alleinverdienerehe würde die getrennte Veranlagung selbstredend nicht zu einem anderen Ergebnis führen, denn sämtliche Steuerlast trifft nur den alleinverdienenden Ehegatten, der nicht verdienende Ehegatte hat demnach auch keinen Anspruch auf Beteiligung an einer an den verdienenden Ehegatten geflossenen Steuererstattung im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs.
Rz. 149
Dieser Maßstab ist jedoch für die Fälle einer sogenannten "familienrechtlichen Überlagerung" nicht anzuwenden. Diese kann dann anzunehmen sein, wenn die Ehegatten ihre beiden Einkommen bis zur Trennung für den Lebensunterhalt der Familie aufgewendet bzw. das Einkommen zur gemeinsamen Vermögensbildung eingesetzt haben und nicht gerade ein Ehegatte sein Einkommen primär für sich selbst aufgewendet hat. Die familienrechtliche Überlagerung kommt aber auch dann zum Tragen, wenn der Unterhaltspflichtige nach der Trennung Ehegattenunterhalt entsprechend der nach Steuerklasse III und V besteuerten Einkommen gezahlt hat. In diesen Fällen kann sich die Verteilung lediglich auf den Erstattungsbetrag bzw. auf die Nachforderung beschränken und zwar im Verhältnis der tatsächlich gezahlten Steuern.
Rz. 150
Es müssen bei jeder Berechnung jedoch die Besonderheiten des Einzelfalles Berücksichtigung finden. Die dargestellte Berechnung kann beispielsweise schon dann nicht mehr durchgehend angewendet werden, wenn sich die Eheleute in der Mitte eines Jahres getrennt haben, sie vorher gemeinsam gewirtschaftet haben und danach kein Unterhalt gezahlt wird. Es erklärt sich hier von selbst, dass eine differenzierte Berechnung nach den einzelnen Abschnitten vorgenommen werden muss. Gleiches kann auch für Selbstständige gelten.