Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 152
Grundsätzlich gilt, dass bei negativen Einkünften beider Ehegatten überhaupt keine Steuerschuld anfällt. Schwierigkeiten entstehen jedoch dann, wenn der eine Ehegatte negative Einkünfte und der andere positive Einkünfte zu verzeichnen hat.
Es ist festzuhalten, dass der Ehegatte, der die negativen Einkünfte hat, keinen Anspruch auf Ausgleich der Erstattung geltend machen kann, die sich daraus ergeben hat, dass sich das Gesamtfamilieneinkommen und damit auch die Steuerbelastung verringert haben (Vorteilshabe). Hier gilt letztlich das Gleiche wie in dem oben geschilderten Fall, dass nur einer der Ehegatten ein Einkommen hat.
Rz. 153
Diese Handhabung führt aber im Ergebnis dazu, dass die steuerlichen Nachteile im Rahmen der Einkommensteuer "verbraucht" sind, sie können später nicht mehr gem. § 10d EStG im Wege des Verlustvortrages oder des Verlustrücktrages steuermindernd geltend gemacht werden. Dadurch erleidet der Ehegatte mit den negativen Einkünften letztlich doch einen Nachteil, für welchen möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt ein Ausgleich verlangt werden kann (Nachteilsausgleich).
Dieser Ausgleichsanspruch wird im Ergebnis auch anzunehmen sein, selbst wenn es zwischen den Ehegatten keine entsprechende Abrede gibt, dass die Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung von der Zusage des Nachteilsausgleichs abhängig gemacht wird. Dieser Anspruch kann sich aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB oder aus Bereicherungsrecht ergeben. Der Höhe nach dürfte der Anspruch – nach umstrittener Auffassung und von der Rechtsprechung noch nicht einheitlich entschieden – zu bemessen sein an den steuerlichen Nachteilen des Ehegatten mit den negativen Einkünften bei der Geltendmachung seiner Möglichkeiten gem. § 10d EStG, jedoch begrenzt auf den Betrag der Steuerersparnis durch die Verlusteinbeziehung bei der gemeinsamen Veranlagung.
Rz. 154
Es stellt sich die weitere Frage, welchem Ehegatten im Innenverhältnis eine Steuererstattung, die aufgrund einer Steuerminderung durch einen Verlustrücktrag (im Jahr der Trennung lässt der nunmehr negative Einkünfte erwirtschaftende Ehegatte diese Verluste in ein Kalenderjahr zurücktragen, in welchem die Eheleute noch zusammengelebt haben) entsteht, zuzurechnen ist. Die auf dem Verlustrücktrag beruhende Minderung der Steuerschuld soll dann nur dem Rücktragenden zugute kommen.
Rz. 155
Die "familienrechtliche Überlagerung" darf auch bei negativen Einkünften nicht aus dem Auge verloren werden. Hier gilt das Gleiche wie bei den positiven Einkünften. Haben die Eheleute von den Einkünften gemeinsam ihren Lebensunterhalt bestritten, so findet ein Ausgleich für diesen Zeitraum nicht statt.