Tobias Böing, Jochem Schausten
Rz. 173
In den meisten Ehen fehlt es jedoch an einer ausdrücklichen Vereinbarung, was für die Geltendmachung eines Vergütungsanspruchs bzw. eines angemessenen Ausgleichs zu verschiedenen Problemen führt.
8.3.1 Anspruchsgrundlagen
Rz. 174
Festzuhalten ist zunächst, dass die Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen ohne besondere Vereinbarung grundsätzlich nicht zu einem Vergütungsanspruch führt. Insbesondere kann ein genereller Vergütungsanspruch auch nicht aus der Generalklausel des § 1353 BGB hergeleitet werden.
Rz. 175
Bereicherungsrechtliche Ansprüche (etwa aus § 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 1 und 2 BGB wegen Wegfall des rechtlichen Grundes bzw. Zweckverfehlung) kommen ebenfalls nicht in Betracht.
Rz. 176
Unter Umständen kann über das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) angenommen werden, dass ein familienrechtlicher Vertrag sui generis Grundlage der Mitarbeit war, dessen Geschäftsgrundlage nach dem Scheitern der Ehe entfallen ist.
8.3.2 Stillschweigend geschlossene Verträge
Rz. 177
Ist aus dem Gesetz kein Vergütungsanspruch herzuleiten und fehlt es darüber hinaus an einer ausdrücklichen Vereinbarung, so ist zu prüfen, ob vielleicht ein stillschweigend geschlossener Vertrag, aufgrund dessen ein Vergütungsanspruch besteht, angenommen werden kann.
Hier ist an unterschiedliche stillschweigend geschlossene Verträge zu denken.
Rz. 178
Dies könnte einerseits ein konkludent geschlossener Arbeitsvertrag sein. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung steht der Annahme eines Arbeitsvertrages und einem daraus resultierenden Vergütungsanspruch zunächst nicht entgegen. An die Annahme eines Arbeitsverhältnisses sind jedoch strenge Voraussetzungen gebunden. Allein eine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung reicht dafür noch nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, ob es objektive und eindeutige Anhaltspunkte für einen Rechtsbindungswillen der Eheleute neben der Ausübung einer fremdbestimmten, weisungsgebundenen Tätigkeit gibt. Diese können sein die steuerliche Berücksichtigung des Gehaltes des Ehegatten als Betriebsausgabe oder die dauerhafte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Ehegatten. Wurde zunächst keine Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlt, müssen anderweitige, eindeutige Indizien vorliegen, um für nachträgliche Gehaltsforderungen einen konkludent geschlossenen Arbeitsvertrag anzunehmen. Letztlich wird man festhalten müssen, dass ein konkludent geschlossener Arbeitsvertrag nur in wenigen Ausnahmefällen angenommen werden kann.
Rz. 179
Auch die Annahme einer stillschweigend geschlossenen Ehegatteninnengesellschaft kann letztlich zu Zahlungsansprüchen des mitarbeitenden Ehegatten führen, wenn diese durch das Scheitern der Ehe aufgelöst wird. Erforderlich ist hier in erster Linie, dass die Tätigkeit des mitarbeitenden Ehegatten über das Bestreben der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht.
Die Annahme dieser Konstruktion dient in erster Linie dazu, eine Korrektur der Vermögenssituation aus Billigkeitsgesichtspunkten vorzunehmen, wie es im Regelfall nur bei der Gütertrennung erforderlich sein wird.
Rz. 180
Der BGH hat für das Zustandekommen einer Ehegatteninnengesellschaft folgende Voraussetzungen zusammengefasst:
Zitat
"Wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Ehegatteninnengesellschaft ist nach der Rechtsprechung des Senats ein über die Verwirklichung der Ehegemeinschaft hinausgehender Zweck, wie er etwa vorliegt, wenn die Eheleute durch den Einsatz von Vermögenswerten und Arbeitsleistungen gemeinsam ein Unternehmen aufbauen oder gemeinsam eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausüben. Das gilt auch dann, wenn das Betreiben des Geschäfts nur der Sicherung des Familienunterhalts dient.
Eine weitere Voraussetzung stellt das Erfordernis dar, dass die Tätigkeit des mitarbeitenden Ehegatten nach ihrer Funktion als gleichberechtigte Mitarbeit anzusehen ist, auch wenn dieser Gesichtspunkt bei einem Vermögenserwerb im Rahmen einer Ehegatteninnengesellschaft mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Beteiligungen nicht überbewertet werden darf, solange nur ein Ehegatte für die Gesellschaft einen nennenswerten und für den erstrebten Erfolg bedeutsamen Beitrag geleistet hat.
Schließlich darf die Annahme einer durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Ehegatteninnengesellschaft nicht zu den von den Ehegatten ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch stehen. Denn ausdrückliche Abreden gehen einem nur konkludent zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen vor."
Rz. 181
Voraussetzung für die Annahme einer Innengesellschaft ist also der von den Ehegatten verfolgte Gesellschaftszweck, der nicht nur in der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft bestehen darf, sondern darüber hinausgehen muss. Dieser Zweck wird beispielsweise verfolgt, wenn die Eheleute durch den Einsatz von Vermögenswerten und Arbeitsleistungen gemeinsam ein Unternehmen oder Immobilienvermögen aufgebaut oder gemeinsam eine berufliche oder gewerbliche ...