OFD Koblenz, Verfügung v. 14.2.2000, S 3400/S 0623 A - St 51 1

Nach dem Beschluss des LG München II vom 11.11.1999, 5 Qs 12/99 (rechtskräftig) ist eine Verurteilung wegen Vermögensteuerhinterziehung nicht mehr möglich, weil das BVerfG die Unvereinbarkeit der Vorschrift des § 10 Nr. 1 VStG mit dem GG festgestellt hat, (Entscheidung vom 22.6.1995, BvL 37/91, BStBl 1995 II S. 655). Hieraus wird in der Literatur (z.B. Anm. zum o.a. Beschluss des LG a.a.O.) z.T. gefolgert, auch die Festsetzung von Hinterziehungszinsen sei für den besagten Zeitraum nicht mehr möglich.

In der o.a. Entscheidung des LG München II (unter 3., 6. Absatz: „Zwar konnte zum Zeitpunkt einer Tathandlung vor dem 1.1.1997 …”), wie auch in dem der Verfügung OFD Koblenz vom 20.5.1999, S 3400 A – St 44 1 zitierten Urteil des FG Bremen finden sich überzeugende Gründe dafür, dass die Frage der Strafverfolgung einerseits und die nach dem Vorliegen des objektiven Hinterziehungstatbestands differenziert beurteilt werden muss. Auch das FG Münster vom 23.8.1999, 3 V 4801/98 VSt (EFG 1999 S. 1319) vertritt diese Rechtsmeinung. Es wird deshalb an der in der Verfügung OFD Koblenz vom 20.5.1999, S 3400 A – St 44 1 vertretenen Verwaltungsauffassung festgehalten. Im Hinblick auf das gegen das Urteil des FG Bremen (s. Verfügung OFD Koblenz vom 20.5.1999, S 3400 A – St 44 1 anhängige Revisionsverfahren (II R 25/99) können Einspruchsverfahren wegen Vermögensteuerfestsetzung und wegen Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach Maßgabe des § 363 Abs. 2 AO ruhen. Aussetzung der Vollziehung ist weder für Vermögensteuerbescheide – auch wenn ihnen die verlängerte Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zugrunde liegt – noch für die Zinsbescheide zu gewähren.

Die Verfügung OFD Koblenz vom 16.3.2000, S 3400/S 0623 A – St 51 1 führt ergänzend aus:

Im Nachgang zur vorstehenden Verfügung gebe ich auszugsweise die Gründe aus dem Beschluss des OLG Frankfurt vom 15.6.1999, 1 WS 69/99 zur Kenntnis, der zu einer gegenüber dem des LG München II vom 11.11.1999, 5 Qs 12/99 LG abweichenden strafrechtlichen Würdigung der Hinterziehung von Vermögensteuer in den Jahren vor 1997 gelangt:

Der Senat vermag sich schließlich auch nicht den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Strafbarkeit der dem Beschuldigten vorliegend u.a. angelasteten Hinterziehung von Vermögensteuer und Einkommensteuer aus Zinseinkünften für die Jahre 1990 bis 1996 – hinsichtlich der letzteren Steuerart in der weiteren Beschwerde von der Verteidigung geltend gemacht – anzuschließen. Sie werden von einer in der Literatur vertretenden Meinung (vgl. dazu Kohlmann/Hilgers-Klautzsch, wistra 1998, 161 ff.; Ulsamer/Müller, wistra 1998, 1 f.) aus den Entscheidungen des BVerfG vom 27.6.1991, 2 BvR 1493/86 (BVerfGE 84, 239 f.) und vom 22.6.1995, 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93 S. 121 ff.) abgeleitet. Durch das BVerfG-Urteil vom 27.6.1991, 2 BvR 1493/89 wurde die Besteuerung von Zinseinkünften seit dem Veranlagungszeitraum 1981 vornehmlich wegen des erheblichen Vollzugsdefizits für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber bis zum 31.12.1992 eine Frist für eine verfassungskonforme Neuregelung gesetzt. Der Vorgabe wurde durch das Zinsabschlagsgesetz vom 9.11.1992 Folge geleistet. Hinsichtlich der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der danach nunmehr geltenden Regelung schließt sich der Senat dem BFH-Urteil vom 18.2.1997, VIII R 33/95 (BStBl 1997 II S. 499) an. Eine dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde zur Entscheidung nicht angenommen (vgl. Kohlmann/Hilgers-Klautzsch a.a.O.). Mit Beschluss vom 22.6.1995, 2 BvL 37/91 wurde die Unvereinbarkeit des § 10 VStG jedenfalls seit dem Veranlagungszeitraum 1983 mitArt. 3 Abs. 1 GG insofern festgestellt, als er den einheitswertgebundenen Grundbesitz, dessen Bewertung der Wertentwicklung seit 1964/74 nicht mehr angepaßt worden ist, und das zu Gegenwartswerten erfaßte Vermögen mit demselben Steuersatz belastet, und den Gesetzgeber verpflichtet, eine neue Regelung spätestens bis zum 31.12.1996 zu treffen. Dem kam der Gesetzgeber nicht nach. Die Steuerart „Vermögensteuer” ist damit nach allgemeiner Ansicht seit dem 1.1.1997 für die Zukunft ersatzlos weggefallen. Für den jeweiligen Übergangszeitraum wurde das als nicht verfassungskonform erkannte Recht indessen ausdrücklich für anwendbar erklärt. Daraus folgt, daß es auf alle bis zu diesem Zeitpunkt verwirklichten Tatbestände anzuwenden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18.6.1997, II B 33/97, BStBl 1997 II S. 515), die Steuern also danach zu erheben sind (vgl. BFH-Beschluss vom 18.6.1997, II B 33/97, BStBl 1997 II S. 515; vom 30.7.1997, II R 9/95, BStBl 1997 II S. 626; Ulsamer/Müller, a.a.O.). Ist dies aber der Fall, hat also der Bürger die Besteuerung trotz verfassungsrechtlicher Bedenken hinzunehmen, so muß es auch bei der strafrechtlichen Sanktion zum Schutz des steuerlichen Anspruchs verbleiben. Der Senat vermag keinen einleuchtenden Grund dafür zu erkennen, weshalb auf der Basis der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nach wie ...

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