Leitsatz
Der Vater eines minderjährigen Kindes war erstinstanzlich zur Zahlung von 100 % des Regelbetrages für die Zeit ab Januar 2005 verurteilt worden.
Mit der hiergegen von ihm eingelegten Berufung machte er geltend, bis Ende 2005 nur Arbeitslosenhilfe von knapp 700,00 EUR erhalten zu haben. Seit Januar 2006 habe er sich - nach zahlreichen vergeblichen Bemühungen um eine abhängige Tätigkeit - selbständig gemacht und erziele hieraus nur Einkünfte i.H.v. ca. 914,00 EUR monatlich.
Berufung und Einspruch gegen das gegen den Beklagten ergangene Versäumnisurteil blieben erfolglos.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, der Beklagte habe keine ausreichenden Bemühungen um Wiedererlangung einer abhängigen Tätigkeit dargelegt und diese erst recht nicht nachgewiesen, im Übrigen sei er seiner Obliegenheit zur Bildung von Rücklagen oder Kreditaufnahme jedenfalls für eine Übergangszeit nicht nachgekommen (vgl. Wendl/Staudigl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rz. 492, 515).
Wer sich selbständig machen wolle, müsse vorher bestehende Unterhaltsverpflichtungen durch Bildung von Rücklagen oder durch Kreditaufnahme jedenfalls für eine Übergangszeit sicherstellen.
Der Beklagte könne sich als gelernter Tischler auch nicht auf seine Zusatzqualifikation als "Meister im Gestalten" berufen und seine Erwerbsbemühungen auf Stellen im künstlerischen Bereich beschränken. Unterhaltsrechtlich sei er gehalten, zunächst den Unterhalt seines Sohnes sicherzustellen, statt ihn staatlicher Fürsorge zu überlassen.
Da er jedenfalls ab Januar 2005 seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen sei, seien ihm die bei Erfüllung der Obliegenheit erzielbaren Einkünfte fiktiv zuzurechnen (vgl. BGH FamRZ 1980, 43; BGH v. 11.1.1984 - IVb ZR 10/82, MDR 1984, 654 = FamRZ 1984, 374, 377; BGH v. 10.12.1986 - IVb ZR 63/85, MDR 1987, 481 = FamRZ 1987, 252; Wendl/Staudigl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rz. 487 ff.).
Die Höhe der in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünfte sei nach § 287 ZPO zu schätzen, wobei nach Möglichkeit an früher tatsächlich erzielte Einkünfte anzuknüpfen sei.
Derartige Einkünfte des Beklagten seien nicht bekannt. Das OLG ging jedoch davon aus, dass der Beklagte bei gehörigem Bemühen Einkünfte in einer Höhe erzielen könnte, die ihm zumindest die Zahlung des Regelbetrages ermöglichen würden.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Urteil vom 02.11.2006, 19 UF 30/06