Leitsatz

Verpflichtung des Verwalters zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung analog § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG

 

Normenkette

§§ 11, 27 WEG

 

Kommentar

  1. Grundsätzlich ist der Verwalter gesetzlicher Vertreter der Gemeinschaft nur im Rahmen der in § 27 Abs. 3 Nr. 1 bis 7 WEG umschriebenen Aufgabenbereiche. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gegenüber einem Gemeinschaftsgläubiger lässt sich unter diesen Katalog nicht subsumieren, auch nicht (entgegen der Auffassung in der Gesetzesbegründung nach BT-Drs. 16/887 S. 70) unter § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG. Da nun der Verwalter auch von der Gemeinschaft der Eigentümer nicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ermächtigt ist, müssten grundsätzlich nach § 27 Abs. 3 Satz 2 WEG alle Eigentümer die Gemeinschaft vertreten, d.h. die eidesstattliche Versicherung abgeben. Dies ist in der Praxis ohne Mithilfe des Verwalters allerdings kaum möglich, da nur der Verwalter die genauen Vermögensverhältnisse einer Gemeinschaft kennt. Aus diesem Grund muss der Verwalter analog § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG für entsprechend verpflichtet angesehen werden.
  2. Ein Gläubiger der Gemeinschaft hat insoweit auch ein rechtlich schutzwürdiges Interesse, da ein Titel gegen die Gemeinschaft auch nur gegen diese vollstreckbar ist. Zwar sind einzelne Eigentümer hinsichtlich der Verbindlichkeiten nachschusspflichtig, da die Gemeinschaft der Eigentümer selbst nicht insolvenzfähig ist (vgl. § 11 Abs. 3 WEG). Ohne Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weiß ein Gläubiger allerdings i.d.R. nicht, ob ein derartiger Anspruch der Gemeinschaft gegen die Eigentümer besteht. Auch haften die Eigentümer gemäß § 10 Abs. 8 WEG jedem Gläubiger nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Aus einem Titel gegen die Gemeinschaft kann allerdings auch nur gegen die Gemeinschaft vollstreckt werden, sodass der Gläubiger Auskunft über die Vermögensverhältnisse der Gemeinschaft beanspruchen kann, die grundsätzlich nur erschöpfend vom Verwalter zu erteilen ist.
  3. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, wurde Rechtsbeschwerde durch das Gericht nach § 574 Abs. 2 ZPO zugelassen.
Anmerkung

Die Frage ist, ob eine solche Pflicht seitens der Gemeinschaft bzw. seitens aller Eigentümer gegenüber einem Gläubiger der Gemeinschaft überhaupt besteht, da Gemeinschaftsgläubiger im Fall berechtigter Forderungen auch anteilig gegen jeden einzelnen Eigentümer der Gemeinschaft nach § 10 Abs. 8 WEG gerichtlich vorgehen könnten. Dies kann aus Gläubigersicht sicher zeitraubend und kostenaufwendig sein, bis letztlich eine Gesamtforderung erfolgreich eingeklagt ist. Gleiches gilt allerdings auch für eine etwaige Pfändung gemeinschaftlicher Nachschuss- bzw. Sonderumlageanteilsforderungen gegenüber einzelnen Eigentümern.

Auf jeden Fall sollten sich Gläubiger aus Verträgen mit dem Gesamtverband auch vom Verwalter die vollständige Namens- und Anschriftenliste einschl. der jeweiligen Miteigentumsanteile der im Verband befindlichen Eigentümer aushändigen lassen. Hierzu ist der Verwalter auch im Rahmen seiner Nebenverpflichtungen befugt oder gar verpflichtet, wenn dies von Vertragspartnern ausdrücklich gewünscht wird. Dies gilt ungeachtet vereinzelter, diesseits bekannt gewordener Stimmen auch von Datenschutzaufsichtsbehörden, die darin – m.E. zu Unrecht – einen Datenschutzverstoß erkennen wollen.

 

Link zur Entscheidung

LG Aurich, Beschluss v. 26.7.2010, 4 T 237/10

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?