Leitsatz
Eine schriftliche Erklärung des Schuldners liegt auch dann vor, wenn eine Urkundsperson dessen Erklärungen im Rahmen ihrer Zuständigkeit in einer öffentlichen Urkunde niederlegt.
Sachverhalt
Auf Antrag des Schuldners wurde über dessen Vermögen am 17.9.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet, in dem er Restschuldbefreiung begehrte. Das Finanzamt beantragte im Schlusstermin, die Restschuldbefreiung zu versagen, weil der Schuldner bei einem erfolglosen Vollstreckungsversuch am 15.1.2001 zu seiner Erwerbstätigkeit falsche Angaben gemacht habe. Deshalb hat das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO versagt. Der BGH bestätigte die Entscheidung.
Entscheidung
Die Restschuldbefreiung ist nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO auf Antrag eines Insolvenzgläubigers zu versagen, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden.
Der Schuldner hat auch dann schriftlich unrichtige Angaben gemacht, wenn er – wie hier – die entsprechenden Erklärungen nicht selbst formuliert, sondern von einem Dritten hat abfassen lassen. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO setzt kein vom Schuldner unterzeichnetes eigenhändiges Schriftstück voraus. Unrichtige schriftliche Angaben, die der Schuldner zwar nicht persönlich niedergelegt hat, die jedoch mit seinem Wissen und seiner Billigung an den Empfänger weitergeleitet worden sind, entsprechen daher dem Unrechtsgehalt, den die Bestimmung sanktionieren will. Sie werden von der Vorschrift in gleicher Weise erfasst. Darauf, ob der Schuldner seine von einem Dritten niedergelegten Angaben nochmals durchgelesen hat, bevor dieser sie an den Gläubiger weitergeleitet hat, kommt es nicht an.
Überdies hatte der Vollziehungsbeamte des Finanzamts die Auskunft des Schuldners in seinem Beisein und mit dessen Billigung aufgezeichnet. Wenn aber eine Urkundsperson im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Erklärungen des Schuldners mit dessen Kenntnis und Zustimmung in einer öffentlichen Urkunde niederlegt, ist von einer eigenen schriftlichen Erklärung des Schuldners auszugehen. Im Blick auf die den Vollziehungsbeamten treffenden Dienstpflichten steht dem nicht entgegen, dass dieser an sich dem Lager des betreibenden Gläubigers zuzurechnen ist.
Praxishinweis
Der Versagungskatalog des § 290 Abs. 1 InsO ist abschließend. Der Gesetzgeber wollte durch diese enumerative Aufzählung die Feststellung erleichtern, ob ein Versagungsgrund tatsächlich vorliegt. Die gerichtliche Entscheidung darüber soll gerade nicht von unter Umständen langwierigen und aufwändigen Beweiserhebungen abhängen. Eine Prüfung erfolgt nur, wenn ein Insolvenzgläubiger dies beantragt und die Voraussetzungen des Versagungsgrunds glaubhaft macht. Nur der so geltend gemachte Versagungsgrund wird vom Insolvenzgericht untersucht. Weitere mögliche Versagungsgründe werden nicht von Amts wegen ermittelt.
Link zur Entscheidung
BGH-Beschluss vom 9.3.2006, IX ZB 19/05