1 Leitsatz
Beschließen die Wohnungseigentümer eine Teilnahme an der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation (§ 23 Abs. 1 Satz 2 WEG), ist es grundsätzlich ausreichend, wenn eine Regelung über den Umfang der Gestattung und die davon erfassten Eigentümerrechte getroffen wird. Eine ordnungsmäßige Verwaltung erfordert dagegen regelmäßig keine Beschlussfassung über das zu nutzende elektronische Kommunikationssystem oder die Anforderungen an Hard- und Software.
2 Normenkette
§ 23 Abs. 1 Satz 2 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen zu TOP 2 wie folgt: "Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, dass es den Eigentümern für die nächsten Eigentümerversammlungen gemäß § 23 Absatz 1 Satz 2 Wohnungseigentumsgesetz gestattet ist, an der Versammlung auch ohne physische Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und dabei im Wege einer elektronischen Kommunikation: 1. die Präsenzveranstaltung vor Ort per Ton- und/oder Bildübertragung passiv zu verfolgen. 2. per Ton- und/oder Bildübertragung an der Diskussion teilzunehmen und dabei insbesondere Fragen zu stellen und Antworten zu geben. 3. per Ton- und/oder Bildübertragung Anträge zu stellen und 4. per Ton- und/oder Bildübertragung das Stimmrecht auszuüben. Das elektronische Kommunikationssystem wird seitens der Hausverwaltung in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat dann aktuell festgelegt." Jedenfalls nach diesem Beschluss nehmen einzelne Wohnungseigentümer im Wege der Ton- und Bildübertragung an der Versammlung teil. Wohnungseigentümer K geht gegen mehrere in der Versammlung geführte Beschlüsse vor. Er rügt den Beschluss zu § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG-
4 Die Entscheidung
Das AG meint, der Beschluss zu TOP 2 entspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Er sei weder nichtig noch anfechtbar. Er sei insbesondere hinreichend bestimmt und konkret gefasst. Er greife nicht in den unantastbaren Kernbereich der Wohnungseigentümer ein. Selbst wenn an dem Beschluss und der Erörterung Wohnungseigentümer online teilgenommen hätten, begründe dies keine Nichtigkeit. Der Beschluss entspreche auch den Vorgaben des § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG. Er lege fest, dass die Online-Teilnahme an den nächsten Versammlungen gestattet werde und welche Eigentümerrechte hierbei durch Online-Teilnahme wahrgenommen werden könnten. Die Entscheidungen über die Modalitäten der Teilnahme, insbesondere die Wahl des elektronischen Kommunikationssystems oder Vorgaben zu den technischen Anforderungen an Hard- und Software, mussten nicht getroffen werden. Es sei möglich, diese Entscheidungen der Verwaltung "in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat" zu überlassen (Hinweis unter anderem auf AG München, Urteil v. 27.4.2022, 1292 C 19128/21 WEG, ZMR 2022, 931). Soweit teilweise vertreten werde, im Gestattungsbeschluss müssten über das zu nutzende Kommunikationssystem sowie die technischen Anforderungen an Hard- und Software Entscheidungen getroffen werden (Hinweis unter anderem auf Letzner, ZWE 2021, 426), überzeuge dies nicht. Der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG sehe lediglich vor, dass eine Entscheidung über die grundsätzliche Gestattung und die wahrzunehmenden Eigentümerrechte zu treffen sei. Es widerspräche dem Zweck des § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG, wenn der Gestattungsbeschluss stets zwingend Entscheidungen über die Technik enthalten müsste.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es vor allem um die Frage, welche Inhalte der Beschluss nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG haben muss. Die Wohnungseigentümer können danach beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.
Im Wege elektronischer Kommunikation
Das AG meint, die Worte "im Wege elektronischer Kommunikation" bedeuteten nicht, wie und womit diese stattfinden soll. Aus der Münchener Entscheidung ergibt sich das nicht. Dort hatten die Wohnungseigentümer die Verwaltung ermächtigt, die Wahl des Kommunikationsmittels bzw. der Software zu treffen. Das ist eine Entscheidung nach § 27 Abs. 2 WEG, die nicht zu beanstanden ist. So war es auch hier. Im Beschluss heißt es: "Das elektronische Kommunikationssystem wird seitens der Hausverwaltung in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat dann aktuell festgelegt". Die Frage kann im Fall allein sein, was die Worte "Absprache mit dem Verwaltungsbeirat" meinen. Beispielsweise LG Dessau-Roßlau, Urteil v. 8.12.2022, 5 S 91/22, meint, die Formulierung in einem Beschluss, "Auswahl und Beauftragung durch den Verwalter erfolgt in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat", sei zu unbestimmt, weil nicht klar sei, wie diese "Abstimmung" praktisch ablaufe.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Die Verwaltungen sollten stets mit den Wohnungseigentümern klären, welche Hard- und Software genutzt wird. Selbst wenn die Verwaltung das bestimmen kann, sollte sie auf die Belange der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen. Außerdem fallen Kosten an, gegebenenfalls nicht unerhebliche. Dann aber kann die Verwaltung nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG gar nicht ha...