1 Leitsatz
Beschlüsse, die auf einer Versammlung gefasst werden, zu der ein nicht ermächtigter Eigentümer eingeladen hat, sind nicht nichtig. Allein auf die nicht innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgte Versendung der Niederschrift kann ein Wiedereinsetzungsantrag nicht mit Erfolg gestützt werden. Der Kläger muss sich vielmehr um Einsicht in die Beschluss-Sammlung oder in die Niederschrift bemühen.
2 Normenkette
§§ 24 Abs. 1, 45 WEG
3 Das Problem
Die Parteien streiten um einen Beschluss, mit dem V am 10.10.2019 zum Verwalter bestellt worden ist. Zu der Versammlung hatte ein Wohnungseigentümer eingeladen. An der Versammlung nahmen alle Wohnungseigentümer teil oder ließen sich vertreten; für Wohnungseigentümer K nahm dessen Prozessbevollmächtigter teil. Die Anfechtungsklage geht am 26.11.2019 beim AG ein. Dieses weist die Klage ab und den auf die erst am 15.11.2019 erfolgte Übersendung der Niederschrift gestützten Wiedereinsetzungsantrag zurück. Hiergegen richtet sich die Berufung.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Der Beschluss sei nicht nichtig. Ein Beschluss, der gegen die Zuständigkeitsregelungen in § 24 Abs. 1 bis 3 WEG verstoße, sei lediglich anfechtbar. Nur dann, wenn ein unbeteiligter Dritter zu einer Versammlung lade, seien die dann gefassten Beschlüsse nichtig. Werde die Versammlung hingegen durch einen hierzu nicht ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen, liege eine wirksame Versammlung vor, die allerdings an einem Einladungsmangel leide. Hinzu komme, dass K selbst auf der Versammlung vertreten gewesen sei. Dies lasse im Regelfall die Kausalität eines Ladungsmangels bei einer Anfechtung entfallen.
Die Anfechtungsfrist sei tatsächlich nicht eingehalten. Auf die Übersendung der Niederschrift komme es nicht an. Alle Wohnungseigentümer seien auf der Versammlung vertreten gewesen und hätten gewusst, welche Beschlüsse gefasst worden seien. Zudem komme es ohnehin nicht auf die Versendung der Niederschrift an, sondern auf die Eintragung der Beschlüsse in die Beschluss-Sammlung und allenfalls auf die Erstellung der Niederschrift. Selbst wenn also der Vertreter des K auf der Versammlung nicht mitbekommen habe, welche Beschlüsse gefasst worden seien, hätte sich K um Einsicht in die Beschluss-Sammlung oder in die Niederschrift bemühen müssen (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 45 Rn. 56).
Hinweis
Was die Frage der Nichtigkeit angeht, sehe ich es völlig anders. Ich kannte einen Wohnungseigentümer, der regelmäßig unrechtmäßig einlud. Auf "seinen" Versammlungen kam es zu Beschlüssen. Diese fassten er und seine Angehörigen, die auch Wohnungseigentumsrechte innehatten. Die anderen Wohnungseigentümer können in diesem Fall nicht gezwungen sein, gegen solche "Beschlüsse" immer und immer wieder vorzugehen und dafür Geld in die Hand zu nehmen. Anders kann es nur sein, wenn es weder einen Verwalter noch einen Verwaltungsbeirat noch einen nach § 24 Abs. 3 WEG ermächtigten Wohnungseigentümer gibt (für diesen Fall siehe BGH, Urteil v. 20.11.2020, V ZR 64/20, Rn. 14).
5 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 15.4.2021, 2-13 S 87/20