1 Leitsatz
Die Wohnungseigentümer können über den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit beschließen.
2 Normenkette
§ 24 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen, dass Architekt X an ihrer Versammlung teilnehmen darf. Hierin sieht Wohnungseigentümer K einen formalen Beschlussmangel und geht daher gegen den Beschluss vor, mit dem die Wohnungseigentümer über eine bauliche Veränderung beschlossen haben.
4 Die Entscheidung
Dies sieht das LG nicht so! Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit diene dem Schutz der Versammlung vor Einflüssen von außen und damit dem Schutz der Mitwirkungsrechte des einzelnen Wohnungseigentümers. Durch Fernhalten fremden Einflusses solle ein ungestörter Ablauf der Versammlung sichergestellt werden, damit die Wohnungseigentümer ihre Angelegenheiten untereinander regeln könnten. Als Ausfluss des aus §§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 2 WEG folgenden Postulats ordnungsmäßiger Verwaltung unterliege der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Disposition durch Beschluss. Die Wohnungseigentümer könnten mithin über die Zulassung der Teilnahme Dritter entscheiden!
Der Schutz der Minderheit werde dadurch gewahrt, dass ein solcher Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen müsse. Diesem Maßstab entspreche ein Beschluss, beispielsweise hinsichtlich der Zulassung eines Beraters, wenn nach einer Interessenabwägung ein nachvollziehbares Interesse an der Teilnahme des Dritten bestehe und eine Gefährdung des Ablaufs der Versammlung sowie der schutzwürdigen Belange der übrigen Wohnungseigentümer durch die Teilnahme nicht zu befürchten sei. Sogar der (im Fall gar nicht erhobene) Widerspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen die Teilnahme eines Dritten sei dann unbeachtlich. Im Fall hätten die Wohnungseigentümer über bauliche Maßnahmen am Estrich bzw. an der Dachdämmung beschlossen. Es habe daher im Interesse aller Eigentümer an der Anwesenheit des planenden Architekten bestanden.
5 Hinweis
Problemüberblick
Nach h. M. gibt es für die Versammlung der Wohnungseigentümer einen Grundsatz der Nichtöffentlichkeit. Danach ist es Dritten grundsätzlich verwehrt, an Versammlungen teilzunehmen. Die Wohnungseigentümer können von diesem Grundsatz durch eine Vereinbarung abweichen, um diesen Fall geht es aber nicht. Im Fall wird die Frage gestellt, ob die Wohnungseigentümer über den Grundsatz auch durch einen Beschluss disponieren können.
Die LG-Lösung
Das LG bejaht eine Beschlusskompetenz! Es sieht in dem Beschluss einen Geschäftsordnungsbeschluss, der nach h. M. nicht gesondert angefochten werden kann. Daher prüft es, ob sich der Geschäftsordnungsbeschluss auf den eigentlichen Beschluss ausgewirkt hat, ob also der angefochtene Beschluss möglicherweise auf einem Formmangel beruht. Dazu untersucht das LG, ob es im Fall einer ordnungsmäßiger Verwaltung gesprochen hat, einen Architekten zur Versammlung zuzulassen. Diese Frage kann mit dem LG nur bejaht werden, auch wenn es im Fall um eine bauliche Veränderung zugunsten eines Wohnungseigentümers ging.
Begleiter eines Wohnungseigentümers
Anders kann sich die Lage darstellen, wenn es um den Begleiter eines Wohnungseigentümers geht, beispielsweise einen Rechtsanwalt oder einen Angehörigen. Auch hier bejaht die h. M. eine Beschlusskompetenz, fragt aber wiederum, ob die Begleitung einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprochen hat. Diese Frage wird in aller Regel verneint, beispielsweise bei Dolmetschern kann aber eine Ausnahme gemacht werden.
Bauliche Veränderung oder Erhaltungsmaßnahme?
Im Fall ging es um die Frage, wie man Mängeln der Wärmeisolierung des Dachstuhls entgegentreten kann. Ferner ging es um die Ersetzung des vorhandenen Dämmmaterials aus Glaswolle durch eine biologische Wärmedämmung. Dies soll zum einen dem Gesundheitsschutz, zum anderen aber auch einer Verbesserung der Wärmeisolierung dienen. Eine solche Maßnahme ist wegen des Austauschs der verwendeten Materialien mit dem Ziel einer verbesserten und weniger gesundheitsgefährdenden Wärmedämmung als "modernisierende Instandsetzung" (bzw. nach neuer gesetzgeberischer Terminologie als "modernisierende Erhaltung") anzusehen. Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung sind Erhaltungsmaßnahmen, die über die bloße Reparatur oder Wiederherstellung des früheren Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen und nach dem Maßstab eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und erprobten Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Hauseigentümers eine technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösung darstellen.
Im aktuellen Recht fragt sich, wie man eine solche modernisierende Erhaltung einordnen muss: als bauliche Veränderung oder als Erhaltungsmaßnahme. Das LG entscheidet sich dafür, es liege eine bauliche Veränderung vor. Die Gesetzesbegründung und der ersatzlose Wegfall des § 22 Abs. 3 WEG a. F. sprächen dafür, Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung nach den Regelungen über bauliche Veränderungen in § 20 WEG zu beurteilen. Die Kostenverteilung dürfte im Hinblick auf die Amortisierungsregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG in der Regel unproblematisch sein.
Eigenmächtige Erhaltungsmaß...