Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, ob die Rechte der Wohnungseigentümer fundamental verletzt werden, wenn die Verwaltung ihnen nicht gestattet, zu einer Versammlung zu erscheinen. Der BGH verneint die Frage. Ich selbst hätte diese mit dem LG bejaht.

Das "Dilemma"

Während der COVID-19-Pandemie befanden sich die Verwaltungen in einer unauflöslichen Konfliktsituation. Sie standen vor dem Dilemma, entweder das Wohnungseigentums- oder das Infektionsschutzrecht zu missachten. In dieser Ausnahmesituation wurde regelmäßig aus Praktikabilitätserwägungen eine Vertreterversammlung durchgeführt, um den Wohnungseigentümern eine Beschlussfassung zu ermöglichen. Das billigt der BGH. Im Kern argumentiert er wie folgt:

Teilweise wurden während der Corona-Pandemie unter Missachtung des Wohnungseigentumsrechts gar keine Versammlungen abgehalten. Hingegen lag es im Fall im Interesse der Wohnungseigentümer, eine Versammlung abzuhalten.

Durch eine Vertreterversammlung wurde den Wohnungseigentümern jedenfalls die Fassung von Beschlüssen ermöglicht, die der gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden konnten.

Auch wurden die Eigentümer nicht von der Stimmabgabe ausgeschlossen. Sie konnten sich – wenn auch gezwungenermaßen – bei der Stimmabgabe durch den Verwalter vertreten lassen und diesem jeweils konkrete Weisungen erteilen, wie er in der Versammlung abstimmen sollte.

Schließlich spricht das schützenswerte Vertrauen der Wohnungseigentümer in die Rechtsverbindlichkeit von Beschlüssen gegen die Nichtigkeit der Beschlüsse.

Der Eigentümer, der mit der Durchführung der Vertreterversammlung nicht einverstanden ist und den Verwalter nicht zur Teilnahme und Stimmabgabe bevollmächtigen möchte, ist durch die Möglichkeit der Anfechtung (§ 44 Abs. 1 WEG) geschützt.

Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?

Der Fall betrifft eine Rechtslage, die sich hoffentlich nicht so schnell wiederholt. Im Normalfall gilt, dass die Verwaltung alle Wohnungseigentümer einladen muss und keinen Wohnungseigentümer zwingen darf, ihr eine Vollmacht (mit Weisungen) zu erteilen.

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