1 Leitsatz

Das Stimmverbot des § 25 Abs. 4 WEG erfasst als Ausnahmevorschrift nur bestimmte Fälle der Interessenkollision. Es soll den Wohnungseigentümer nicht schlechthin daran hindern, an Entscheidungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken.

2 Normenkette

§ 25 Abs. 4 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer lehnen noch vor dem 1.12.2020 mehrheitlich den Beschluss ab, mit dem eine X-GmbH aus wichtigem Grund abberufen und ihr Verwaltervertrag außerordentlich gekündigt werden soll.

Gegen diesen Negativbeschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er meint, die Wohnungseigentümer hätten mehrheitlich für den Beschluss gestimmt. Denn die Stimmen der Mehrheitseigentümerin, für die V als Vertreter abgestimmt hatte, seien nicht zu berücksichtigen gewesen. Dies sieht das AG auch so. Es stellt daher auf den Antrag des K zusätzlich fest, dass der Beschluss zustande gekommen sei. Für die Feststellung und Verkündung des Beschlusses als Positivbeschluss komme es nicht darauf an, ob dieser ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Das Rechtsschutzziel des K sei lediglich darauf gerichtet, festzustellen, dass der Beschluss zu TOP 4 gefasst worden sei und nicht, ob dieser auch ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen habe.

4 Die Entscheidung

Die Berufung hat Erfolg! Das Stimmverbot des § 25 Abs. 4 WEG erfasse als Ausnahmevorschrift nur bestimmte Fälle der Interessenkollision. Es solle den Wohnungseigentümer nicht schlechthin daran hindern, an Entscheidungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken. Da das Stimmrecht ein wesentliches Mittel zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten sei, dürfe es nur ausnahmsweise unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Zur Unterscheidung zwischen den Rechtsgeschäften, die § 25 Abs. 4 WEG unterfallen, von solchen, in denen es keine Rechtfertigung für einen Ausschluss des Stimmrechts gebe, sei danach zu differenzieren, ob der Schwerpunkt der Angelegenheit in der Verfolgung privater Sonderinteressen oder in der Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Interessen liege (Hinweis auf BGH, Urteil v. 19.9.2002, V ZB 30/02, Rn. 31 – juris).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sei die Mehrheitseigentümerin nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen. Dass sie schwerpunktmäßig private Sonderinteressen verfolgt habe, sei weder hinreichend vorgetragen noch sei dies anderweitig ersichtlich. Es handele sich bei der Mehrheitseigentümerin und der Verwaltung zwar um 2 juristisch eigenständige Gesellschaften, die über den gleichen Mutterkonzern miteinander verbunden und in deren Konzernabschluss einzubeziehen seien. Dies stelle aber kein privates Sonderinteresse der Mehrheitseigentümerin von einigem Gewicht dar. Eine Gefahr, dass die Mehrheitseigentümerin ihr Stimmrecht zum wirtschaftlichen Nachteil der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeübt habe, sei nicht gegeben gewesen. Allein eine wirtschaftliche Verbundenheit zwischen der Mehrheitseigentümerin und der Verwaltung über die Muttergesellschaft führe zu keinem Stimmrechtsausschluss. Auch eine Majorisierung sei nicht erkennbar.

Für die X-GmbH als Vertreterin der Mehrheitseigentümerin habe ebenfalls kein Stimmverbot gegolten. Zwar könne ein Nichtwohnungseigentümer einen Wohnungseigentümer bei der Stimmabgabe nicht wirksam vertreten, wenn er – wäre er selbst Wohnungseigentümer – einem Stimmverbot unterläge. Die Mehrheitseigentümerin habe ihre Vollmacht im Außenverhältnis für die X-GmbH aber weisungsgebunden beschränkt.

Der Negativbeschluss habe im Übrigen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen. Das Ermessen der Beklagten sei nicht auf Null reduziert gewesen. Die von K vorgetragenen Pflichtverletzungen reichten weder im Einzelnen noch in ihrer Gesamtschau aus, um einen wichtigen Grund für eine Abberufung und eine außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags darzustellen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Ein Wohnungseigentümer ist nach § 25 Abs. 4 WEG nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 17 WEG rechtskräftig verurteilt ist.

Im Fall war einerseits zu fragen, ob die Mehrheitseigentümerin vom Stimmrecht ausgeschlossen war, weil sie und die X-GmbH als Einheit zu sehen sind. Andererseits war zu fragen, was für die X-GmbH als Vertreterin gilt, wenn es um ihren Vertrag und ihre Bestellung geht und ein Wohnungseigentümer "wichtige" Gründe für diese Entscheidungen anführt.

Ausschluss des Stimmrechts für die Mehrheitseigentümerin

Die Mehrheitseigentümerin wäre vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen, wenn sie ihr Stimmrecht missbraucht hätte. Das war im Fall nicht zu erkennen. Ferner wäre sie vom Stimmrecht ggf. ausgeschlossen gewesen, wenn sie und die X-GmbH als eine "Einheit" anzusehen wären. Dazu näher bei den Hinweisen zum AG Schwarzenbek, Urteil v. 2.11.2021, 2 C 54/19 WEG.

Ausschluss des Stimmrechts für die Verwalterin als Vertreterin

Der Verwalter ist weder durch § 25 Abs....

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