Normenkette
§ 5 WEG, § 21 WEG, § 27 WEG, § 31 BGB, § 278 BGB, § 831 BGB, § 836 BGB, § 838 BGB
Kommentar
Das OLG Frankfurt/Main hatte über folgenden Fall zu entscheiden:
In einer Wohnanlage fiel durch Windeinfluss ein Dachziegel auf das Wellplexischutzdach, welches ein Miteigentümer über seinem Balkon errichtet hatte. Der betroffene Miteigentümer fordert von der Gemeinschaft die Reparaturkosten für sein Schutzdach unter Abzug seines Mithaftungsanteils.
Dieser Fall wirft neben den bereits vom OLG Frankfurt/Main und oben erörterten wohnungseigentumsrechtlichen Fragen auch die versicherungsrechtliche Frage auf, ob in einem solchen Fall eine Erstattungsmöglichkeit über eine Versicherung gegeben ist.
Infrage kommen hier drei verschiedene Versicherungssparten: die Gebäudeversicherung der Gemeinschaft (Sturm), die Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung der Gemeinschaft und auch die Glasversicherung des geschädigten Wohnungseigentümers.
Als Sturm im Sinne der Gebäudeversicherungsbedingungen werden atmosphärisch bedingte Luftbewegungen mit mindestens einer Windstärke 8 bezeichnet. Unter der Voraussetzung, dass diese Windstärke vorhanden war und in der Gebäudeversicherung der Gemeinschaft außen angebrachte Anlagen (Markisen, Schutzdächer, Antennen und eben auch Balkonüberdachungen) mitversichert waren (in den neuen Versicherungsbedingungen generell enthalten!), ist eine Entschädigung über diese Versicherung unabhängig von einem eventuellen Verschulden zu erlangen. Versicherungstechnisch ist es nicht von Bedeutung, ob es sich bei den außen angebrachten Anlagen um Gemeinschafts- oder Sondereigentum handelt, weil der Versicherer das Gebäude als Ganzes mit allen Bestandteilen versichert.
Die Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung gewährt dem Versicherungsnehmer (Eigentümergemeinschaft) Schutz vor der Inanspruchnahme durch einen Dritten wegen Schadenersatzes aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen. Dieser Dritte muss selbst einen Personen- oder Sachschaden erlitten haben, um einen bedingungsgemäßen Schadenersatzanspruch zu haben. Wenn man die beschädigte Balkonüberdachung als Gemeinschaftseigentum ansieht (was wohl richtig wäre), kann der Wohnungseigentümer keinen eigenen Schaden nachweisen und somit besteht im Rahmen der Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung schon grundsätzlich keine Entschädigungspflicht.
Selbst wenn es sich um Sondereigentum handeln würde und die generelle Entschädigungspflicht bejaht werden müsste, verweigert der Haftpflichtversicherer eine Regulierung, da in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für Hausbesitzer, Bauherren und Tierhalter ein Ausschlusstatbestand für Schäden am Gemeinschafts-, Sonder- und Teileigentum besteht (vgl. Jansen/Köhler, ETW, Gruppe 9/II, Abschnitt 3.2.3).
Der Sondereigentümer hat jedoch die Möglichkeit, die Balkonüberdachung (Plexiglas!) über eine separate Glasversicherung in Ergänzung seiner Hausratversicherung gegen jegliche Bruchschäden abzusichern ("Glasanschlussversicherung"). Bei dieser Versicherung ist es unerheblich, ob die Balkonüberdachung Gebäudebestandteil und Gemeinschaftseigentum geworden ist, entscheidend ist, dass der Sondereigentümer ein Interesse an der Wiederherstellung hat und die versicherte Sache im räumlichen Bereich seiner selbstgenutzten Wohnung liegt.
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.11.1992, 20 W 395/92)
zu Gruppe 9 / II: Versicherungsfragen