Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz
Materiell rechtskräftige Entscheidungen zum Versorgungsausgleich unterliegen einer erleichterten Abänderungsmöglichkeit (§§ 225, 226 FamFG). Grund ist, dass sich zwischen der Entscheidung und dem Leistungsbezug Veränderungen ergeben können. Abänderbar sind nur Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Beamtenversorgung, einer beamtenähnlichen Versorgung, einer berufsständischen Versorgung, der Alterssicherung der Landwirte sowie den Versorgungssystemen der Abgeordneten und der Regierungsmitglieder (§ 32 VersAusglG).
Die Durchführung der Abänderung des Wertausgleichs bedarf eines Antrags. Antragsberechtigt sind beide Beteiligten, ihre Hinterbliebenen und die von der Abänderung betroffenen Versorgungsträger. Eine Abänderung kann erst bei einem bevorstehenden Leistungsbeginn verlangt werden. Der Antrag ist frühestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt zulässig, ab dem ein Ehegatte voraussichtlich eine laufende Versorgung aus dem abzuändernden Anrecht bezieht oder dies aufgrund der Abänderung zu erwarten ist (§ 226 Abs. 2 FamFG). Zulässig ist auch ein vorläufiger Rechtsschutz durch einstweilige Anordnung.
Eine Änderung setzt ferner voraus, dass sich der Ausgleichswert eines Anrechts nachträglich durch rechtliche oder tatsächliche Veränderungen wesentlich erhöht oder erniedrigt hat (§ 225 Abs. 2 FamFG). Die nachträgliche Änderung eines Ausgleichswertes betrifft nur das einzelne Anrecht, nicht mehr wie beim früheren Versorgungsausgleich den Wertunterschied der saldierten Anrechte. Nachträgliche Veränderungen des Ausgleichswertes nach dem Ende der Ehezeit können beispielsweise durch die neue Bewertung im Leistungsrecht erfolgen (z. B. Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung). Ein weiterer Fall ist das Vorliegen der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze. Schließlich kann sich auch die Höhe der Versorgung nachträglich durch Wegfallen von Bezügen ändern.
Das Abänderungsverfahren greift nicht ein bei vergessenen Anrechten sowie Rechen- und Rechtsanwendungsfehlern. Gleiches gilt für die Wertentwicklung bei im Zeitpunkt der Entscheidung noch verfallbaren Anrechten, die schuldrechtlich auszugleichen sind.
Nicht jede Änderung eines Ausgleichswertes führt zur Öffnung des Abänderungsverfahrens. Die festgestellte Wertänderung des Anrechtes muss wesentlich sein (§ 225 Abs. 3 FamFG). Voraussetzung ist, dass die Wertänderung
- mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswertes beträgt (relative Wesentlichkeitsgrenze) und
- 1 % der am Ende der Ehe maßgeblichen monatliche Bezugsgrenze nach § 18 Abs. 1 SGB X übersteigt (absolute Wesentlichkeitsgrenze).
Eine Abänderung ist nicht nur bei Entscheidungen des Familiengerichts, sondern auch bei Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich möglich, wenn sie dort nicht vertraglich ausgeschlossen wurde (§§ 227 Abs. 2 i. V. m. 225, 226 FamFG).
Liegen die vorstehenden Voraussetzungen für eine Abänderung vor, erfolgt – ausgenommen den Fall einer wesentlichen Wertänderung eines Anrechts – nicht eine Revision der Entscheidung über den Versorgungsausgleich insgesamt, sondern lediglich eine Korrektur desjenigen Anrechts, dessen Ausgleichswert sich geändert hat. Zusätzlich muss das Gericht eine Billigkeitsprüfung vornehmen (§§ 226 Abs. 3, 227 VersAusglG). Zu berücksichtigen sind dabei nur Umstände, die nach Erlass der Erstentscheidung eingetreten sind. Beispiel sind der nacheheliche Erwerb von Vermögen und die Bedürftigkeit eines Beteiligten. Die Abänderungswirkung tritt ab dem ersten Tag des Monats ein, der auf den Monat der Antragstellung folgt (§ 226 Abs. 4 FamFG).
Für die Abänderung von rechtskräftigen Entscheidungen im Versorgungsausgleich nach altem Recht gelten die §§ 51, 52 VersAusglG. Danach ist bei einer wesentlichen Wertänderung ein Versorgungsausgleich nach neuem Recht durchzuführen. Insoweit erfolgt eine "Totalrevision" der früheren Entscheidung. Betroffen sind lediglich diejenigen Anrechte, die auch Gegenstand der abzuändernden Entscheidung waren. Anrechte die früher dem Versorgungsausgleich nicht unterlagen oder versehentlich übersehen wurden, können nicht mehr einbezogen werden. Voraussetzung einer Abänderung ist eine wesentliche Wertänderung entsprechend der Regelung in § 225 Abs. 3 FamFG.