Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz
7.2.1 Grundsätzliche Zulässigkeit von Vereinbarungen
Der Gesetzgeber wollte die Regelungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich für Ehegatten Lebenspartner im Rahmen des Versorgungsausgleichsgesetzes erweitern. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich werden ausdrücklich zugelassen. Das Recht des Versorgungsausgleichs ist deshalb grundsätzlich dispositiv. Eine zeitliche Schranke für Vereinbarungen, wie sie das frühere Recht für "Krisenverträge" vorgesehen hatte, besteht nicht mehr. Auch eine Vereinbarung, die im Zusammenhang mit einer Krise oder zumindest in einseitiger Scheidungsabsicht geschlossen wird, entfällt nicht automatisch, wenn die Scheidung kurz darauf tatsächlich beantragt wird. Vereinbarungen können auch noch nach Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrags und sogar parallel zu einem anhängigen Verfahren geschlossen werden.
Mitunter empfehlen Familienrichter während eines laufenden einvernehmlichen Scheidungsverfahrens mit nur einem Anwalt die notarielle Beurkundung einer Vereinbarung zum Versorgungsausgleich, um auf diese Weise Anwaltskosten zu sparen. Sinnvoll ist dies nur, wenn diesbezüglich kein Streit besteht.
Das Gesetz selbst enthält drei Beispiele für Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich:
- Die Einbeziehung in eine Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse (Gesamtauseinandersetzung),
- den Ausschluss und
- den Vorbehalt von Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung gemäß §§ 22 – 24 VersAusglG.
Es handelt sich um keine abschließende Aufzählung. Auch Modifikationen sind zulässig.
7.2.2 Einbeziehung in die Vermögensauseinandersetzung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG)
Der Versorgungsausgleich ist Teil der Gesamtvermögensauseinandersetzung im Zusammenhang mit einer Scheidung. Auch wenn der Zugewinnausgleich und der Versorgungsausgleich unterschiedliche Gegenstände betreffen, regeln sie insgesamt die Vermögensauseinandersetzung. Eine scharfe Trennung ist, wie insbesondere die Lebensversicherungen zeigen, häufig nicht möglich; mitunter ist es zufällig, wie wiederum die Ausübung eines Rentenwahlrechts belegt, ob ein Vermögenswert in den Versorgungs- oder Zugewinnausgleich fällt. Ehegatten können in die Gesamtauseinandersetzung den gesamten Versorgungsausgleich einbeziehen. Dies wird durch die Angabe des korrespondierenden Kapitalwerts erleichtert. Beispiel für eine derartige Vereinbarung ist der Verzicht eines Partners auf die Durchführung des ihn begünstigenden Versorgungsausgleichs gegen die Herausnahme eines vermieteten Mehrfamilienhauses aus dem Zugewinnausgleich. Insbesondere im unternehmerischen Bereich, in dem die Altersvorsorge häufig nicht durch im Versorgungsausgleich ausgleichspflichtige Anrechte erfolgt, kann Gegenleistung für die Herausnahme des Unternehmens aus dem Zugewinnausgleich der Behalt der Anrechte des nicht unternehmerisch tätigen Partners sein. Auch eine teilweise Einbeziehung des Versorgungsausgleichs in die vermögensrechtliche Gesamtauseinandersetzung ist zulässig. So können einzelne Anrechte im Rahmen der Auseinandersetzung vom Versorgungsausgleich gegen entsprechende Positionen des anderen Partners beim Zugewinnausgleich ausgenommen werden, während im Übrigen der Versorgungsausgleich durchgeführt wird. Beispiel ist die Übertragung einer Immobilie auf einen Partner als Gegenleistung dafür, dass die betriebliche Versorgung des anderen im Versorgungsausgleich nicht ausgeglichen wird.
Teilweise wird gefordert, dass die "Gegenleistung" gleich sicher sein muss, wie die Anrechte, auf deren Ausgleich verzichtet wird. Der Bundesgerichtshof scheint demgegenüber auf den Einzelfall abzustellen und zu prüfen, ob eine annähernd gleichwertige Kompensation erfolgt.
7.2.3 Ausschlussvereinbarung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG)
Das Gesetz lässt auch einen vollständigen und teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu. Allerdings gilt hierfür eine klare Grenze: Ehebedingte Nachteile, die ein Partner im gemeinsamen Interesse hinsichtlich des Erwerbs eigener Anrechte in der Alters- und Invaliditätsvorsorge auf sich nimmt, müssen kompensiert werden.
Kein Gerechtigkeitsmaßstab ist allerdings der Hälfteausgleich. Die Kompensation kann sich darauf beschränken, die ehebedingten Nachteile auszugleichen.
Insbesondere bei Paaren, die bereits über eine gesicherte Versorgung verfügen und weiterhin berufstätig bleiben wollen, kann ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart werden.
Ein Verzicht voneinander unabhängiger Partner hält auch einer späteren Ausübungskontrolle stand, wenn sich nach dem Abschluss der Vereinbarung nicht ehebedingte, sondern gänzlich eheunabhängige Risiken im Arbeitsleben, z. B. unerwartete Schwierigkeiten im beruflichen Fortkommen eines Ehegatten, ergeben.
Ein Ausschluss kann auch zugunsten eines Partners vereinbart werden. Typischer Fall ist die Unternehmer-Arbeitnehmer-Ehe, in der der unternehmerisch tätige Ehegatte seine Sicherung für den Fall des Alters und der Invalidität über eine private Lebensversicherung und sonstige Vermögensw...