Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der eingeschränkten Anwendbarkeit des § 18 VersAusglG auf Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung auseinandergesetzt.
Sachverhalt
Die Eheleute hatten am 30.9.2005 geheiratet. Auf den am 18.11.2009 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt.
Beide Eheleute hatten in der Ehezeit ausschließlich Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die ehezeitlichen Anwartschaften der Ehefrau beliefen sich auf 4,1045 Entgeltpunkte mit einem Ausgleichswert von 2,0523 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 12.611,22 EUR. Der Ehemann hatte ehezeitliche Anwartschaften von 0,4465 Entgeltpunkten mit einem Ausgleichswert von 0,2233 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 1.372,16 EUR erworben.
Das AG hat nur das während der Ehezeit erworbene Anrecht der Ehefrau im Wege der internen Teilung ausgeglichen und von einem Ausgleich des ehezeitlich erworbenen Anrechts des Ehemannes wegen Geringfügigkeit abgesehen.
Die hiergegen von der Ehefrau eingelegte Beschwerde wurde vom OLG zurückgewiesen. Mit der vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde verlangte die Ehefrau weiterhin auch eine interne Teilung des während der Ehezeit erworbenen Anrechts des Ehemannes.
Entscheidung
Die Rechtsbeschwerde hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abänderung der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts.
Nach Auffassung des BGH waren die Anrechte beider Ehepartner zunächst zu Recht einer voranzustellenden Prüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG unterzogen worden, da es sich - anders als im Verhältnis zu Anrechten Ost in der gesetzlichen Rentenversicherung - um Anrechte gleicher Art handele. Maßgebliche Bezugsgröße für die gesetzliche Rentenversicherung i.S.d. § 5 Abs. 1 VersAusglG seien Entgeltpunkte, also kein Rentenbetrag, so dass ein "anderer Fall" i.S.d. § 18 Abs. 3 VersAusglG vorliege und zu prüfen sei, ob die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteige.
Da die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte über der bei Ehezeitende im Jahr 2009 geltenden Bagatellgrenze von 3.024,00 EUR liege und damit nicht gering sei i.S.d. § 18 Abs. 3 VersAusglG, könne von einem Ausgleich der Anrechte nicht abgesehen werden.
Bei gleichartigen Anrechten - wie im vorliegenden Fall - komme nur § 18 Abs. 1 VersAusglG zur Anwendung, nicht jedoch dessen Abs. 2.
Dies habe zur Folge, dass jedenfalls dann, wenn die Differenz der Anrechte nicht geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 3 VersAusglG sei, es keine Rolle mehr spiele, ob eines der Anrechte geringfügig sei. Vom Ausgleich dieses einzelnen Anrechts könne nicht mehr nach § 18 Abs. 2 VersAusglG abgesehen werden. Ziel des § 18 VersAusglG sei, unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand bei den Versorgungsträgern und das Entstehen von Splitterversorgungen zu vermeiden. Es entstehe aber kein nennenswerter Mehraufwand der Versorgungsträger, wenn eines von mehreren gleichartigen Anrechten geringfügig sei, weil in der Regel intern eine Verrechnung nach § 10 Abs. 2 VersAusglG stattfinde. Auch die Gefahr des Entstehens von Splitterversorgungen bestehe in einem solchen Fall nicht.
Hinweis
Mit dieser Entscheidung setzt der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur generell eingeschränkten Anwendbarkeit des § 18 VersAusglG auf Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung fort. In Fällen mit nur zwei sich gegenüber stehenden Rentenanrechten West in der Deutschen Rentenversicherung wäre es tatsächlich nicht nachvollziehbar, wenn man ebenso wie das OLG nach der Feststellung, dass § 18 Abs. 1 VersAusglG wegen zu großer Differenz der beiden gleichartigen Anrechte nicht anwendbar sei, anschließend eines dieser Anrechte gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG ausschließen und damit den Halbteilungsgrundsatz praktisch in entgegen gesetzter Richtung verletzen würde, zumal weder eine Verwaltungsvereinfachung entstehen würde und auch das Risiko von Splitterversorgungen nicht bestehen würde.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 18.01.2012, XII ZB 501/11