Leitsatz
Nicht volldynamische Versorgungsanrechte müssen im Versorgungsausgleich mit Hilfe ihres Deckungskapitals oder eines mit der Barwert-VO errechneten Barwerts und fiktiver Einzahlung dieses Betrages in die gesetzliche Rentenversicherung in volldynamische Anrechte umgerechnet werden. Dies führte häufig zu einer Abwertung dieser Anrechte, die wegen der geringen und zeitweise völlig weggefallenen Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gerechtfertigt erschien. Aus diesem Grunde wurde in der Praxis versucht, diese Umrechnung so weit wie möglich zu vermeiden.
Sachverhalt
Geschiedene Eheleute stritten um eine Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs und um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.
Die Ehefrau war am 30.3.1940 geboren, der Ehemann am 15.6.1937. Die Parteien hatten am 11.7.1959 geheiratet und waren auf den am 4.9.1991 zugestellten Scheidungsantrag geschieden worden. Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens wurde der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt. Das AG hatte im Wege des Splittings von dem Versorgungskonto des Ehemannes auf das Versicherungskonto der Ehefrau Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 980,73 DM übertragen und zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung weitere Rentenanwartschaften i.H.v. 92,20 DM begründet.
Der Ehemann bezog seit Januar 2001 eine gesetzliche Rente, deren Ehezeitanteil 2.020,00 DM beträgt. Bei Ende der Ehezeit war er außerdem bei der VBL pflichtversichert und hatte eine unverfallbare statische Anwartschaft auf eine Versicherungsrente erworben, deren Ehezeitanteil 588,27 DM betrug. Ende 1994 ist der Arbeitgeber des Ehemannes, die Deutsche Lufthansa AG, aus der Beteiligung bei der VBL ausgetreten und hat sich als privatrechtlicher Arbeitgeber tarifvertraglich verpflichtet, alle in diesem Zeitpunkt bei der VBL pflichtversicherten Mitarbeiter so zu stellen, als würde ihre spätere Zusatzversorgung von der VBL nach deren jeweils geltender Satzung fortgeführt.
Aus der Zusatzversorgung der VBL bezog der Ehemann seit dem 1.1.2001 als werthöchstes Anrecht eine statische Mindestversorgungsrente in Höhe der qualifizierten Versicherungsrente nach §§ 40 Abs. 4, 44a der bis zum 31.12.2000 geltenden Satzung. Diese Mindestversorgungsrente i.H.v. 732,18 DM war bis zum 1.1.2002 als Startgutschrift in die Betriebsrente übernommen worden, die seit dem 1.7.2002 um jährlich 1 % erhöht wird.
Außerdem bezog der Ehemann eine Betriebsrente der Deutschen Lufthansa, durch die der Rentenbezug auf die Mindestversorgungsrente aufgestockt wird.
Die Ehefrau bezog seit dem 1.4.2000 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Ehezeitanteil sich auf 107,31 DM belief.
Das AG hat den Antrag der Ehefrau auf Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Auf einen weiteren Antrag hat es den Ehemann verpflichtet, an die Ehefrau ab dem 1.1.2001 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. 38,775 % seiner Brutto-Betriebsrente bei der Deutschen Lufthansa AG zu zahlen.
Auf die Beschwerden der Parteien hat das OLG die Verfahren miteinander verbunden und die Entscheidungen des AG abgeändert. Gegen die Entscheidung des OLG richtete sich die Rechtsbeschwerde der VBL.
Entscheidung
Der BGH hielt die Rechtsbeschwerde für zulässig, soweit sie auf eine abweichende Bewertung der Zusatzversorgung des Ehemannes bei der VBL ziele und sich somit allein gegen die Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich richte.
Nicht zulässig sei die Rechtsbeschwerde allerdings, soweit sie sich darüber hinaus allgemein gegen den Versorgungsausgleich hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes, also auch gegen die Bewertung des Ehezeitanteils der Betriebsrente bei der DHL richte.
Hinsichtlich des von dem BGH für zulässig befundenen Teils hatte die Rechtsbeschwerde in vollem Umfang Erfolg.
Der BGH hat in seiner Entscheidung betont, dass die Rückrechnung auf das Ehezeitende nicht mit den aktuellen Rentenwerten, sondern nur mit der Dynamik der betreffenden Versorgung erfolgen könne. Sei diese im Anwartschaftsteil nicht volldynamisch, sei sie nach der Barwertverordnung umzurechnen.
Hinweis
Die zum 01.09.2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Veränderungen zum Versorgungsausgleich ermöglichen in § 51 Abs. 3 VersAusglG sechs Monate vor dem Rentenfall eine Korrektur und Durchführung des Versorgungsausgleichs nach neuem Recht, wenn ein Anrecht nach der Barwert-VO umgerechnet wurde und das Ergebnis die Umrechnung um mindestens 2 % der dann maßgebenden allgemeinen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV vor der dann tatsächlich zu zahlenden Rente abweicht. Dies gilt allerdings nur und ausschließlich dann, wenn die Differenz nicht durch den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichen werden kann, § 51 Abs. 4 VersAusglG.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 14.01.2009, XII ZB 74/08