Leitsatz
Das OLG Bremen hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wie zu verfahren ist, wenn bei einer Ehescheidung nach ausländischem Recht dieses Recht einen Versorgungsausgleich nicht kennt und die Durchführung des Versorgungsausgleichs von keinem Ehegatten beantragt worden ist. Es ging primär um die Frage, ob allein die Feststellung des erstinstanzlichen Gerichts, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde, deklaratorischen Charakter hat oder in Rechtskraft erwächst.
Sachverhalt
Geschiedene Eheleute stritten über die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Beide Ehegatten waren österreichische Staatsangehörige. Ihre Ehe war im Juni 2005 nach österreichischem Recht geschieden worden. Keiner der Ehegatten hatte in dem erstinstanzlichen Scheidungsverfahren einen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt. Der Tenor des Ehescheidungsurteils enthielt daher lediglich die Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde.
Auch in den Entscheidungsgründen war zum Versorgungsausgleich lediglich ausgeführt, dass ein solcher nicht stattfinde. Grundsätzlich unterliege der Versorgungsausgleich gemäß Art. 17 Abs. 3 S. 1 1. HS EGBGB dem anzuwendenden Recht. Er seit gemäß Art. 17 Abs. 3 S. 1 2. HS EGBGB nur durchzuführen, wenn ihn das Recht eines Staates kenne, denen die Ehegatten im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages angehört hätten. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Parteien hätten auch keine Anträge auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt, so dass er nicht durchzuführen gewesen sei.
Das Scheidungsurteil war seit Dezember 2005 rechtskräftig.
Im Juli 2008 begehrte die geschiedene Ehefrau die Durchführung des Versorgungsausgleichs, der vom AG auf der Grundlage der für die Ehezeit vom 1.5.1981 bis zum 31.10.2004 eingeholten Auskünfte durchgeführt wurde.
Hiergegen wandte sich der geschiedene Ehemann mit der Beschwerde.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, das erstinstanzliche Gericht habe den Versorgungsausgleich zu Recht und mit zutreffender Begründung durchgeführt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde sei die Antragstellerin durch die im Scheidungsurteil enthaltene Feststellung "ein Versorgungsausgleich findet nicht statt" nicht gehindert, die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Rechtskraft des Scheidungsurteils im isolierten Verfahren zu beantragen. Die Feststellung erwachse nicht in Rechtskraft und stehe einem späteren isolierten Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht entgegen (OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 955; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1210; Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl. 2007, Rz. 390).
Das AG habe mit dem im Scheidungsurteil enthaltenen Ausspruch nicht endgültig rechtskräftig über den Versorgungsausgleich entschieden.
Im vorliegenden Fall kenne das Heimatrecht der Ehegatten den Versorgungsausgleich nicht. Über eine Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Art. 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB habe im Scheidungsurteil in Ermangelung eines Antrages nicht befunden werden können.
Es fehle mithin überhaupt an einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich, die hätte in Rechtskraft erwachsen können. Die Formel "ein Versorgungsausgleich findet nicht statt" erschöpfe sich zum Versorgungsausgleich nach deutschem Recht im Deklaratorischen. Die Begründung des Scheidungsurteils stelle zudem klar, dass das Heimatrecht der Ehegatten den Versorgungsausgleich nicht kenne und dessen Durchführung nicht beantragt worden sei.
Das AG habe erkennbar lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass es sich mangels Antrages mit dem Versorgungsausgleich inhaltlich nicht befasst habe.
Der nunmehr von der Ehefrau gestellte Antrag nach Art. 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB sei an keine Frist gebunden, eine Verjährung sei nach § 194 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB lägen vor, das erstinstanzliche Gericht habe den Versorgungsausgleich daher zu Recht durchgeführt.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 26.04.2012, 5 UF 107/11