Leitsatz
In seiner früheren Rechtsprechung hat der BGH keine Volldynamik angenommen, wenn eine betriebliche Altersversorgung die Anpassung einer laufenden Versorgung in Anlehnung an die allgemeine Preisentwicklung vorsah. Dies mit der Begründung, die allgemeine Preisentwicklung bleibe hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurück.
Es stellte sich im vorliegenden Fall die Frage, ob diese Rechtsprechung aufrechterhalten werden kann, nachdem die Einkommensentwicklung in den letzten Jahren teilweise den Anstieg der Lebenshaltungskosten nicht erreichte. Auch war zu klären, ob im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 2.5.2006 zur Verfassungsmäßigkeit der BarwertVO 2003 weiterhin eine Dynamisierung auf der Grundlage der BarwertVO gem. § 1587a Abs. 3, Abs. 4 BGB zulässig ist.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 10.11.1961 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 24.7.2001 zugestellt. Das AG hat die Ehe durch Verbundurteil geschieden und den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass es im Wege des Rentensplittings nach § 1587b Abs. 1 BGB von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der BfA (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, weitere Beteiligte zu 1) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA Rentenanwartschaften i.H.v. 87,13 DM bezogen auf das Ende der Ehezeit, den 30.6.2001, übertragen hat.
In seiner Berechnung hat das erstinstanzliche Gericht die von ihm statisch behandelten Anwartschaften der Ehefrau auf eine Versicherungsrente bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) und auf Betriebsrente bei der Deutschen Post AG unter Anwendung von Tabelle 1 bis 31.12.2002 geltenden BarwertVO in dynamische Monatsrenten von 123,69 DM bzw. 239,14 DM umgerechnet.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wurde von dem Ehemann Beschwerde eingelegt. Das OLG hat die Entscheidung zum Versorgungsausgleich dahingehend abgeändert, dass durch analoges Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgung der Ehefrau bei der VAP auf dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften von monatlich 85,49 EUR begründet sowie im Wege des erweiterten Splittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vom Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften i.H.v. 30,21 EUR übertragen wurden.
Das OLG hat die von ihm als statisch bewerteten Anrechte der Ehefrau bei der VAP und der Deutschen Post AG nicht in dynamische Monatsrenten umgerechnet, sondern in den Ausgleich die nominellen Beträge eingestellt. Es hat dabei lediglich die Höhe dieser im Zeitpunkt der Entscheidung bereits laufenden Renten auf den Zeitpunkt des Ehezeitendes zurückgerechnet, indem es die ehezeitanteiligen nominellen Leistungsbeträge durch den im Entscheidungszeitpunkt geltenden aktuellen Rentenwert dividiert und mit dem bei Ehezeitende geltenden aktuellen Rentenwert multipliziert hat.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Antragstellerin eine Dynamisierung der von ihr als statisch bewerteten Anrechte bei der VAP und der Deutschen Post AG unter Anwendung von Tabelle 1 der seit 1.1.2003 geltenden BarwertVO und damit eine Herabsetzung des Ausgleichsbetrages erreichen.
Ihr Rechtsmittel führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Entscheidung
Der BGH prüfte die Dynamik einer Versorgung (hier: der Betriebsrente der Deutschen Post AG) an den in § 1587a Abs. 3 BGB aufgeführten Maßstabsversorgungen der gesetzlichen Rentenversicherung und Beamtenversorgung. Für eine künftige Prognose der weiteren Entwicklung des Anrechts bezog er deren tatsächliche bisherige Steigerung über einen angemessenen Zeitraum ein und vertrat die Auffassung, dieser Umstand könne als Indiz herangezogen werden. Im Vergleich der Entwicklung der Lebenshaltungskosten zur Einkommensentwicklung berücksichtigte der BGH nunmehr, dass die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund des in § 255e SGB VI enthaltenen Nachhaltigkeitsfaktors und Altersvorsorgeanteils partiell von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt wurde und die Anpassung einer Betriebsrente an den Verbraucherindex in den letzten 10 Jahre eine höhere Dynamik als in der gesetzlichen Rentenversicherung aufwies. Der BGH ging damit in dem vorliegenden Fall von einer Volldynamik im Leistungsstadium aus.
Soweit das auszugleichende Anrecht im Anwartschaftsstadium nicht volldynamisch ist, wendet der BGH die neue BarwertVO vom 3.5.2006 an, da diese den verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung trage (BGH v. 5.9.2001 - XII ZB 121/99, BGHReport 2001, 914 m. Anm. Gutdeutsch = MDR 2001, 1411 = FamRZ 2001, 1695 = FamRB 2002, 9; v. 23.7.2003 - XII ZB 152/01, BGHReport 2003, 1332 m. Anm. Gutdeutsch = FamRZ 2003, 1639 = FamRB 2003, 388).
Soweit sich Unterbewertungen aus der Anwendungen der BarwertVO ergäben, seien diese aus Gründen der Praktikabilität und Rechtseinheitlichkeit auch unter dem Gesichtspunkt der Art. 3 Abs. 1 und 14 GG hinzunehmen...