Leitsatz
Das OLG Celle hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, inwieweit § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG es ermöglicht, nacheheliche Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zur Bewertung der in der Ehezeit erworbenen Anrechte heranzuziehen. Ferner hat sich das OLG mit dem maßgebenden Grenzwert für Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 18 Abs. 3 VersAusglG, der Berücksichtigung von Anrechten beim polnischen Rentenversicherungsträger im Hinblick auf § 19 VersAusglG sowie der Angemessenheit von Teilungskosten bei Anrechten der kommunalen und kirchlichen Zusatzversorgungskasse beschäftigt.
Sachverhalt
Die Eheleute hatten am 12.4.1982 geheiratet und wurden auf den am 21.7.2008 zugestellten Antrag der Ehefrau durch Urteil des AG vom 21.4.2009 rechtskräftig geschieden. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zu den sog. Startgutschriften ausgesetzt, obgleich die Ehefrau erst ab 23.4.2002 Anrechte in der kirchlichen Zusatzversorgung (KZVK) erworben hatte. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.4.2009 schlossen die Eheleute einen Vergleich, wonach sie "auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs bzgl. der polnischen Anwartschaften" verzichteten und diesen Verzicht wechselseitig annahmen.
Im September 2009 nahm das AG das Versorgungsausgleichsverfahren wieder auf und übersandte den Beteiligten einen Entscheidungsentwurf zur Stellungnahme. Nachdem innerhalb der gesetzten Frist Stellungnahmen nicht eingingen, erließ das AG einen Beschluss zum Versorgungsausgleich. Aus den Entscheidungsgründen ergab sich, dass das AG aufseiten beider Ehegatten gesetzliche Rentenanwartschaften sowie aufseiten des Ehemannes zwei Anrechte aus privaten Rentenversicherungen und aufseiten der Ehefrau ihr als "sonstige Versorgung" bezeichnetes Anrecht bei der KZVK einbezogen hatte.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die KZVK mit der Beschwerde und beantragte, dass zu Lasten des bei ihr für die Ehefrau bestehenden Anrechts nur Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 6,84 EUR begründet würden. Die KZVK rügte, das Anrecht sei im Anwartschaftsstadium statisch und müsse daher in ein volldynamisches Anrecht umgewertet werden.
Das OLG hielt die Beschwerde für begründet.
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass es sich bei der von der Beschwerdeführerin gerügten Frage um einen nicht trennbaren Teil der angefochtenen Entscheidung handele, weil die Frage, ob der Versorgungsausgleich nach altem oder neuem Recht durchzuführen sei, nur einheitlich beantwortet werden könne. Das OLG habe daher den angefochtenen Beschluss in vollem Umfang zu überprüfen.
Im Beschwerdeverfahren wurden neue Auskünfte der Versorgungsträger angefordert, weil gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG nach dem ab 01.09.2009 geltenden Recht zu entscheiden sei. Dies ergebe sich daraus, dass das AG im April 2009 den Versorgungsausgleich durch Beschluss abgetrennt und ausgesetzt habe. Das Verfahren sei sodann nach dem 31.08.2009 wieder aufgenommen worden, so dass das ab 1.9.2009 geltende Versorgungsausgleichsrecht anzuwenden sei (Götsche, FamRB 2009, 317 ff.).
Der beteiligte Rentenversicherungsträger erteilte für beide Ehegatten neue Auskünfte. Dabei wurden auch die bis zum 30.9.2009 zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten insoweit berücksichtigt, als diese zur Bewertung der in der Ehezeit zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten von Bedeutung waren. Für die Ehefrau wurde ein Ehezeitanteil von 6,2151 Entgeltpunkten sowie für den Ehemann ein Ehezeitanteil von 4,6695 Entgeltpunkten ermittelt.
Auf Verlangen des Beschwerdegerichts erstellte der Rentenversicherungsträger sodann neue Berechnungen, begrenzt auf die bis zum Ende der Ehezeit zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Dadurch ergaben sich für die Ehefrau nun ein Ehezeitanteil von 6,2316 Entgeltpunkten bzw. für den Ehemann i.H.v. 4,6818 Entgeltpunkten.
Nach Auffassung des OLG waren die nachehelichen rentenrechtlichen Zeiten für die Bewertung der in der Ehezeit zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nicht zu berücksichtigen. Daher hat es entschieden, dass die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung der Ehefrau im Wege der internen Teilung im Wege des Ausgleichswertes von 3,1158 Entgeltpunkten zugunsten des Ehemannes geteilt werden. Zugleich wären danach die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung des Ehemannes im Wege der internen Teilung im Umfang des Ausgleichswertes von 2,3409 Entgeltpunkten zugunsten der Ehefrau nach § 10 Abs. 1 VersAusglG zu teilen.
Hinsichtlich der von der KZVK angesetzten Teilungskosten sah das OLG keinen Anlass zu Beanstandungen. Die pauschal berechneten Teilungskosten, die sich aus einem Mindestbetrag für jeden Teilungsvorgang von 200,00 EUR und einem Zuschlag i.H.v. 0,5 % des hälftigen ehezeitlichen Kapitalwertes ergäben, seien angemessen.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 22.11.2010, 10 UF 232/09