Leitsatz
Gegenstand dieser Entscheidung des OLG München war die Frage, wie ein von der Ehefrau in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbenes, teilweise auf einer sog. Startgutschrift für die Beschäftigungszeit vor 2002 beruhendes Anrecht, beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist.
Sachverhalt
Die Ehe der Beteiligten war durch Urteil des AG vom 2.6.2010 geschieden und neben dem Ausgleich anderer Versorgungen zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der B. Versorgungskammer (BVK) ein Anrecht i.H.v. 22,245 Versorgungspunkten zugunsten des Antragsgegners übertragen worden.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich legte der Versorgungsträger Beschwerde ein mit dem Ziel, nur 17,33 Versorgungspunkte zu übertragen.
Das zulässige Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet, führte jedoch nicht zu der von der Beschwerdeführerin beantragten Abänderung der Ausgleichshöhe, sondern zum Ausschluss des Wertausgleichs der streitbefangenen Versorgung bei der Scheidung.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, der Versorgungsträger mache zu Recht geltend, dass nach den geltenden Satzungsbestimmungen nur 17,33 Versorgungspunkte auf den Ehemann übertragen werden dürften. Der Ausgleichswert des Anrechts weiche aus zwei Gründen von der Hälfte der Versorgungspunkte ab, die die Ehefrau in der Ehezeit erworben habe. Zum einen habe der Versorgungsträger Teilungskosten abziehen dürfen. Zum anderen seien die unterschiedlichen Barwertfaktoren für die Ehefrau und den Ehemann zu berücksichtigen.
Der Ausgleich könne jedoch derzeit nicht durchgeführt werden. Die Ehefrau gehöre zu den sog. rentenfernen Versicherten. Nach der BGH-Rechtsprechung (BGHZ 174, 127 = FamRZ 2008, 395) seien die bisherigen Satzungsbestimmungen, die die Berechnung der Startgutschrift für die vor 2002 zurückgelegten Beschäftigungszeiten für diesen Personenkreis regelten, verfassungswidrig. Deshalb habe das Verfahren über den Ausgleich eines solchen Anrechts nach früherem Recht entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt werden müssen. Nach neuem Recht - maßgeblich sei nunmehr § 21 FamFG - sei eine Aussetzung nicht mehr erforderlich. Das Anrecht der Ehefrau sei als nicht ausgleichsreif i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG anzusehen, weil es der Höhe nach noch nicht hinreichend verfestigt sei. Seine Höhe hänge von einer künftigen Einigung der Tarifparteien des öffentlichen Dienstes und einer entsprechenden Änderung der Satzung des Versorgungsträgers ab. Das Anrecht sei deshalb nicht in den Wertausgleich bei der Scheidung einzubeziehen. Vielmehr verblieben dem Ehemann schuldrechtliche Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß §§ 22 bis 26 VersAusglG.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 20.09.2010, 33 UF 801/10