Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Aussetzung der Kürzung der Renteneinkünfte im Hinblick auf § 33 Abs. 1 VersAusglG zu erfolgen hat.
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten um die Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers nach § 33 VersAusglG. Antragsteller und Antragsgegnerin waren verheiratet. Mit der Scheidung im Jahre 1996 war zwischen den beteiligten Ehegatten der Versorgungsausgleich dahingehend geregelt worden, dass die Ehefrau durch Rentensplitting (§ 1587b Abs. 1 BGB a.F.) gesetzliche Anwartschaften i.H.v. 329,33 EUR - bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.01.1996 - übertragen erhalten hatte.
Seit dem 1.1.2010 bezog der Ehemann eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente von netto 903,47 EUR. Ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich hätte die Rente 1.059,54 EUR netto monatlich betragen. Darüber hinaus erhielt der Ehemann noch berufsgenossenschaftliche und betriebliche Renten i.H.v. insgesamt 950,81 EUR.
Die 57-jährige Ehefrau war halbtags als Reinigungskraft beschäftigt und erzielte hierdurch monatlich ca. 1.000,00 EUR netto. Durch gerichtlichen Vergleich vom 1.8.2011 hatte sich der Ehemann verpflichtet, der Ehefrau noch 300,00 EUR monatlich und bis Ende 2011 noch 150,00 EUR monatlich Ehegattenunterhalt zu leisten.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Antrag des Ehemannes auf Aussetzung der Kürzung seiner laufenden gesetzlichen Rente nach § 33 Abs. 1 VersAusglG zurückgewiesen.
Hiergegen wandte er sich mit der Beschwerde. Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.
Entscheidung
Das OLG ging davon aus, dass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 VersAusglG vorliegen und hat die Kürzung der laufenden Versorgung des Ehemannes ab dem 1.3.2010 i.H.v. 171,98 EUR bzw. ab dem 01.01.2011 i.H.v. 150,00 EUR bis längstens 31.12.2011 ausgesetzt. Aus dem übertragenen gesetzlichen Anrecht beziehe die Ehefrau noch keine Leistungen. Auch sei der Ehemann unterhaltspflichtig, zumal ein durch Vergleich titulierter Unterhalt im Rahmen des § 33 Abs. 1 VersAusglG grundsätzlich auch den gesetzlich geschuldeten Unterhalt darstelle.
Der Ehemann könne zwar den Unterhalt trotz Kürzung seiner Rentenbezüge leisten, ohne dass sein Ehegattenselbstbehalt gefährdet wäre. Allerdings sei der Anwendungsbereich des § 33 VersAusglG nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Ausgleichspflichtige durch die Kürzung (teilweise) leistungsunfähig werde.
Der Wortlaut des § 33 Abs. 1 VersAusglG zwinge zu keiner einschränkenden Auslegung. Auch beziehe sich die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf § 5 VAHRG. Diese Norm sei auch dann anwendbar gewesen, wenn der Unterhaltsanspruch des Ehegatten auch aus dem nach Kürzung der Versorgung verbleibenden Einkommen habe sichergestellt werden können.
Außerdem habe der Gesetzgeber die Vorgabe des BVerfG in FamRZ 1980, 326 ff. vor Augen gehabt, wonach der Ausgleichspflichtige im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 und 3 Abs. 2 GG durch die Kürzung seiner Altersversorgung einerseits und die bestehende Unterhaltsverpflichtung andererseits nicht unverhältnismäßig belastet werden dürfe.
Eine dem Willen des Gesetzgebers konforme Auslegung des § 33 Abs. 1 VersAusglG gebiete es deshalb, auch dann die Aussetzung der Kürzung anzuordnen, wenn der Ausgleichspflichtige trotz Versorgungskürzung leistungsfähig bleibe.
Hinweis
Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine Anpassung nach § 33 Abs. 1 VersAusglG nicht schon dann entfällt, wenn der Ausgleichspflichtige den geschuldeten Unterhalt trotz eingetretener Rentenkürzung leisten kann. Eine Anpassung setzt lediglich voraus, dass nach der Kürzung ein geringerer Unterhaltsanspruch besteht als er bestünde, wenn die ungekürzte Versorgung geleistet würde.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.11.2011, 2 UF 227/10