Leitsatz
Die Entscheidung des OLG Hamm betrifft zwei praxisrelevante Problemkreise. Zum einen die Anforderungen an eine Rechtsmittelbelehrung i.S.d. § 39 FamFG, zum anderen das Übergangsrecht im Versorgungsausgleich.
Sachverhalt
Das Ehescheidungsverfahren zwischen den Parteien war im Jahre 2008 rechtshängig geworden. Mit Beschluss vom 5.12.2008 hatte das AG das Versorgungsausgleichsverfahren aus dem Scheidungsverbund abgetrennt. Eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich erfolgte im Juli 2010. Hiergegen hat der Ehemann ohne anwaltliche Vertretung am 04.08.2010 Beschwerde eingelegt. Mit seinem Rechtsmittel beanstandete er, dass das AG neues Versorgungsausgleichsrecht angewendet habe.
Nach Ablauf der Beschwerdefrist meldete sich für den Ehemann ein Anwalt, machte sich den Inhalt der Beschwerdeschrift zu eigen und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt die durch den Antragsteller selbst ohne anwaltliche Vertretung eingelegte Beschwerde wegen Formmangels für unzulässig. Im Hinblick auf die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung sei dem Antragsteller jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, da er infolge der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung unverschuldet an der Einhaltung der Frist für eine formgerechte Beschwerde verhindert gewesen sei.
In der Sache sei die Beschwerde jedoch unbegründet, weil das AG den Versorgungsausgleich zu Recht den seit dem 01.09.2009 geltenden Versorgungsausgleichsrecht unterworfen habe. § 48 Abs. 2 VersAusglG sehe ohne Ausnahme vor, dass das neue Recht anzuwenden sei, wenn das Versorgungsausgleichsverfahren am 01.09.2009 bereits abgetrennt gewesen oder später abgetrennt worden sei. Eben dies sei hier der Fall gewesen. Ein Ermessen stehe dem Gericht insoweit nicht zu.
Hinweis
In § 39 FamFG sind die Anforderungen an eine Rechtsmittelbelehrung geregelt. Danach muss jeder Beschluss eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist enthalten. Die Belehrung muss so ausgestaltet sein, dass sie die Beteiligten in die Lage versetzt, ohne die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts den zulässigen Rechtsbehelf gegen die ergangene Entscheidung einzulegen.
Besteht für die Einlegung des Rechtsmittels Anwaltszwang, muss sich die Belehrung auch darauf erstrecken. Sanktion für eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung ist, dass vermutet wird, die Versäumung einer Rechtsmittelfrist sei nicht schuldhaft. Infolgedessen ist sodann Wiedereinsetzung zu gewähren.
Der zweite in der Entscheidung angesprochene Problemkreis betrifft das Übergangsrecht im Versorgungsausgleich. Der Gesetzgeber wollte, dass das neue Versorgungsausgleichsrecht möglichst schnell umfassend angewendet wird. Er hat deswegen ohne Abweichungsmöglichkeit angeordnet, dass das neue Recht immer dann gilt, wenn das Verfahren nach dem 31.08.2009 anhängig geworden ist oder wenn in einem bereits vor diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren bis zum 31.8.2010 keine Entscheidung erster Instanz ergangen ist. Derzeit ist daher in allen Verfahren, die sich noch in der ersten Instanz befinden, neues Recht anzuwenden.
Ferner kommt es bei den Altverfahren auch dann zwingend zu einem Wechsel in das neue Recht, wenn das Verfahren am 01.09.2009 abgetrennt oder ausgesetzt war und ruhte oder später abgetrennt, ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht worden ist (§ 48 Abs. 2 VersAusglG).
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 08.11.2010, 8 UF 167/10