Leitsatz
Der Vermieter, der die Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB für die Abrechnung von Betriebskosten zunächst unverschuldet nicht einhalten kann, hat die verspätete Geltendmachung einer Nachforderung dennoch zu vertreten, wenn er sich damit auch dann noch unnötig viel Zeit lässt, nachdem ihm die notwendigen Unterlagen für die Abrechnung vorliegen. Im Regelfall ist er gehalten, die Nachforderung innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Abrechnungshindernisses zu erheben. (amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 556
Kommentar
Der Vermieter erhielt am 5.12.2002 einen Grundsteuerbescheid des Finanzamts mit einer Grundsteuernachforderung für die Jahre 1998 bis 2000 und am 8.1.2003 einen weiteren Grundsteuerbescheid mit einer Nachforderung für das Jahr 2001. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Grundsteuerbescheide waren die Betriebskosten für die Jahre 1998 bis 2001 bereits abgerechnet. Mit Schreiben vom 28.10.2003 – ca. neun Monate nach Zugang der Steuerbescheide – hat der Vermieter die Grundsteuererhöhung gegenüber den Mietern geltend gemacht. In dem genannten Schreiben war als Betreff angegeben: "Grundsteuernachberechnung für abgelaufene Kalenderjahre".
Der BGH hatte zu entscheiden, ob im Falle der nachträglichen Geltendmachung von Betriebskosten bestimmte Fristen zu beachten sind. Dies wird vom BGH bejaht.
1. Der BGH befasst sich zunächst mit der Frage, ob für die Abrechnung der Betriebskosten bei der Wohnraummiete das sog. "Leistungsprinzip" oder das sog. "Abflussprinzip" gilt.
Nach dem Leistungsprinzip sind diejenigen Betriebskosten abzurechnen, die für den jeweiligen Abrechnungszeitraum angefallen sind.
Nach dem Abflussprinzip kommt es demgegenüber auf die Zahlungen an, die der Vermieter im Abrechnungszeitraum geleistet hat.
Folgt man dem Abflussprinzip, so ist zu fragen, zu welchem Zeitpunkt die Grundsteuernachforderungen bezahlt worden sind. Ist die Zahlung im Jahr 2003 erfolgt, so ist der betreffende Betrag in die Betriebskostenabrechnung 2003 einzustellen. Hinsichtlich der Abrechnungsfrist ergeben sich keine besonderen Probleme. Erachtet man dagegen das Leistungsprinzip für maßgeblich, so stellt sich die Frage, ob für nachträglich entstandene Betriebskosten eine besondere Abrechnungsfrist gilt.
Der BGH ist der Ansicht, dass das Leistungsprinzip jedenfalls dann anwendbar ist, wenn es vom Vermieter praktiziert wird. So lagen die Dinge hier: Der Vermieter hat die Grundsteuer ausdrücklich als "Grundsteuernachberechnung für abgelaufene Kalenderjahre" und nicht als Betriebskosten des Jahres 2003 geltend gemacht.
2. Die Abrechnung ist bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums zu erteilen (§ 556 Abs. 3 S. 2 BGB). Nach Ablauf dieses Zeitraums können Nachforderungen nur geltend gemacht werden, wenn der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat. Vorliegend konnte die Grundsteuererhöhung für die Jahre 1998 bis 2001 nicht innerhalb des Abrechnungszeitraums geltend gemacht werden, weil die Betriebskosten zum Zeitpunkt des Zugangs der Steuerbescheide bereits abgerechnet waren. Eine andere Frage ist es, ob sich ein Vermieter mit der Geltendmachung solcher Kosten beliebig Zeit lassen darf. Der BGH führt dazu aus, dass die Regelung in § 556 Abs. 3 BGB eine zeitnahe Abrechnung sicherstellen soll. Deshalb kann eine zunächst entschuldigte Verspätung nachträglich zu einer verschuldeten werden, wenn sich der Vermieter unnötig viel Zeit bis zur Geltendmachung der Nachforderung lässt. Der BGH entnimmt der rechtsähnlichen Bestimmung des § 560 Abs. 2 BGB, dass solche Nachforderungen innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Kenntnis geltend zu machen sind. Vorliegend hatte der Vermieter diese Frist erheblich überschritten, weil er mit der Geltendmachung der Nachforderung ca. neun Monate zugewartet hat.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 220/05, ZMR 2006, 847 = DWW 2006, 419