Leitsatz

Verteilung und Abrechnung von Anwaltskostenvorschüssen im anhängigen Beschlussanfechtungsverfahren: Keine Umlage auf alle Eigentümer!

 

Normenkette

§§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 3 und Abs. 5 WEG

 

Kommentar

  1. Die in einem WEG-Verfahren der Gemeinschaft entstandenen Anwaltskosten (auch Vorschusszahlungen der auf Antragsgegnerseite stehenden restlichen Eigentümer an den beauftragten Rechtsanwalt) dürfen vor einer gerichtlichen Entscheidung auch über die Kostentragung (§ 47 WEG) in den betreffenden Einzelabrechnungen quotenmäßig nur unter den Wohnungseigentümern aufgeteilt und auf diese umgelegt werden, die in diesem Verfahren als Beteiligte auf einer Seite stehen.
  2. Im vorliegenden Fall wurde hier u.a. auch eine anwaltliche Honorarvorschussforderung aus Gemeinschaftsmitteln bezahlt und diese Ausgabe auf alle Eigentümer in den Einzelabrechnungen umgelegt. Auf Abrechnungsanfechtung hin mussten sämtliche Einzelabrechnungen für ungültig erklärt werden. Nach geänderter Rechtsauffassung des Senats (vgl. KG v. 26.9.2005, 24 W 123/04 – in diesem Ergänzungsheft oben zu Gr. 4 – in Abgrenzung zu KG v. 26.3.2003, 24 W 189/02 = ZMR 2003, 874 und KG v. 31.10.2005, 24 W 195/01) ist im Beschlussanfechtungsverfahren über eine Jahresabrechnung auf entsprechende konkrete Rüge des anfechtenden Eigentümers vom Gericht zu prüfen, ob die in den Einzelabrechnungen aufgeteilten Kosten materiell-rechtlich einem Wohnungseigentümer oder einzelnen (mehreren) aufzubürden sind.
  3. Im Hinblick auf die Beteiligtenstellung im vorliegenden Verfahren waren Anwaltskosten vorläufig nur unter den "auf der anderen Seite stehenden Beteiligten" und nicht auch auf die Antragstellerseite umlegbar. Weiter gehende Anwaltskosten basierten ebenfalls nicht auf einem von der Gemeinschaft gebildeten Willen, was bereits eine Kostenlast der Antragstellerseite ausschließt.
 

Link zur Entscheidung

KG v. 5.10.2005, 24 W 6/05, ZMR 3/2006, 224 KG Berlin, Beschluss vom 05.10.2005, 24 W 6/05

Anmerkung

Die geänderte und auch im nachfolgend erwähnten Beschluss des Senats v. 9.11.2005 (24 W 60 und 67/05, ZMR 3/2006, 221) geäußerte/bestätigte Auffassung zeigt also bereits Folgewirkungen entgegen bisher üblicher Abrechnungspraxis. Ist ein Verwalter insbesondere in Beschlussanfechtungsverfahren kraft Vereinbarung, Verwaltervertragsregelung oder gesonderter Beschlussfassung berechtigt, auch für die in Antragsgegnerschaft stehenden restlichen Eigentümer einen Anwalt "zur Verteidigung" des angefochtenen Beschlusses zu beauftragen, durften bisher entsprechende Kostenvorschussforderungen (durch den beauftragten Anwalt oder auch durch das Gericht z.B. im Anschluss an einen Beweisbeschluss) zunächst aus dem gemeinschaftlichen Geschäftsgirokonto bezahlt werden. Dies hatte zur Folge, dass solche Zahlungen im Geschäftsjahr als Ausgaben "der Gemeinschaft" dann gegenüber allen Eigentümern abgerechnet werden mussten, wenn es im Geschäftsjahr noch keine abschließende gerichtliche Kostenentscheidung gab. Damit war grundsätzlich auch ein Antragsteller im Beschlussanfechtungsverfahren zunächst anteilig (mit)belastet. Stellte die spätere rechtskräftige Kostenentscheidung des Gerichts den Antragsteller von Kosten frei, musste ihm im Geschäftsjahr der abschließenden Gerichtsentscheidung eine entsprechende Gutschrift erteilt und somit ihm gegenüber auch "korrigierend" abgerechnet werden. Entscheidender Gedanke dieser Abrechnungspraxis war wohl die Tatsache, dass eine bestimmte Eigentümergruppe (hier die restlichen Eigentümer im Beschlussanfechtungsverfahren) kein eigenes, gesondertes Vermögen für solche Verfahrenskosten besitzen bzw. auf umständlichem Wege zu bilden hätten. Es dürfte auch selten Zeit zur Verfügung stehen, ein entsprechendes Sonderkonto zu eröffnen und hierauf zweckentsprechende Zahlungen von Eigentümergruppen anzufordern. Überdies könnten hierüber dann wohl auch keine gemeinschaftlichen Beschlüsse nach WEG gefasst werden, da die Eröffnung eines Sonderkontos nicht im Interesse aller Eigentümer läge und dann wohl auch nicht von Grundsätzen "gemeinschaftlicher" ordnungsgemäßer Verwaltung zu sprechen wäre. Ohne Beschlussmöglichkeit oder Kompetenz der Gesamtgemeinschaft zur Beschlussfassung gäbe es wohl auch kaum eine rasch realisierbare Anspruchsgrundlage für die Bildung eines solchen Sonderkontos und die Anforderung von Sonderzahlungen durch einzelne Eigentümer (in Antragsgegnerschaft) zur Deckung der Kosten für einen gruppenbeauftragten Anwalt bzw. das Gericht.

Richtig ist aus meiner Sicht vielmehr nach wie vor, dass solche Vorschusszahlungen zunächst als tatsächliche Ausgaben der Gemeinschaft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung behandelt und beglichen werden können/müssen. Dann ist nachfolgend einer gerichtlichen Kostenentscheidung in den folgenden, zur Beschlussfassung anstehenden Einzelabrechnungen Rechnung zu tragen. Danach stellt sich somit "materiell-rechtlich" die endgültige und abschließende korrekte Kostenverteilung heraus, die eine Gemeinschaft auch einzelabrechnungstechnisch zu respek...

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