Leitsatz
Alternativangebote für einen Auftrag müssen ausnahmsweise dann nicht eingeholt werden, wenn das Auftragsvolumen gering ist oder sich aus anderen Umständen Anhaltspunkte für die Wohnungseigentümer ergeben, dass das vorgelegte Angebot sich im Rahmen des Üblichen bewegt.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 4
Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen, die X-GmbH mit dem Hausmeisterdienst zu beauftragen. Diese hat angeboten, den Hausmeisterdienst für jährlich knapp unter 800 EUR zu leisten. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er meint, es seien vor dem Beschluss weitere Angebote einzuholen gewesen. Ohne Erfolg!
Die Entscheidung
- Zwar entspreche es gefestigter Rechtsprechung, dass Wohnungseigentümer ihren Ermessensspielraum regelmäßig erst durch die Vorlage von Alternativangeboten sachgerecht ausüben könnten.
- Von diesem Grundsatz bestünden allerdings Ausnahmen. Eine hiervon sei, wenn das "Auftragsvolumen" gering sei oder sich aus anderen Umständen Anhaltspunkte für die Wohnungseigentümer ergäben, dass das vorgelegte Angebot sich "im Rahmen des Üblichen" bewegt. So liege es im Fall. Jedenfalls wenn ein Hausmeistervertrag mit einem jährlichen Volumen von unter 800 EUR bei einem Gesamtjahresvolumen des Wirtschaftsplans von ca. 27.600 EUR geschlossen werde, also einem Volumen von unter 5 % des Wirtschaftsplanes und zudem den Wohnungseigentümern aufgrund einer vorangegangenen Beschäftigung eines anderen Hausmeisterdienstes eine Orientierung und Einordnung des Angebotes möglich gewesen sei, sei das Einholen von Alternativangeboten nicht erforderlich.
- Soweit K in der Berufung erstmals rüge, die X-GmbH habe kein konkretes Angebot vorgelegt und die Dauer des Vertragsschlusses, aber auch die Einzelheiten des Leistungskataloges seien bei der Beschlussfassung unbekannt gewesen waren, seien diese Gründe außerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist vorgetragen und daher nicht mehr zu berücksichtigen.
Kommentar
- Es ist grundsätzlich erforderlich, dass der jeweilige Amtsinhaber vor einem Vertragsschluss Angebote einholt. Dabei ist nicht nur in der näheren Umgebung oder in der Gemeinde, sondern grundsätzlich in einem Umkreis zu fragen, der es einem Unternehmer noch wirtschaftlich erscheinen lässt, ein Angebot abzugeben. Dieser Unternehmer kann sich auch in einem anderen Land befinden.
Keines Angebotes bedarf es, wenn ein Unternehmer ein Monopol auf eine Leistung hat. Ist hingegen ein Preis gesetzlich reglementiert (z.B. HOAI oder RVG), ist keine Ausnahme anzuerkennen. Denn bei einem Vergleich geht es nicht nur um den Preis, sondern auch um die Person und vor allem ihre Sachkunde. Eine Ausnahme ist wegen des Zwecks, Angebote einzuholen, auch nicht zu machen:
- Bagatellen. Es bedarf nur dann zwingend eines Angebotes, wenn ein gewisser "Schwellenwert" überschritten ist. Dieser beträgt in der Regel 5.000 EUR. Nach anderen soll eine Orientierung am Volumen des Wirtschaftsplanes sinnvoll sein. Die Bestellung des Verwalters, wo es grundsätzlich auch mehrerer Angebote bedarf, ist nie eine "Bagatelle".
- Folgeaufträge. Die Pflicht, Angebote einzuholen, gilt grundsätzlich auch dann, wenn es um "Folgeaufträge" geht.
- Bei einer "vorbereitenden Begutachtung" (streitig).
- Einem "Vertrauensverhältnis" zu einer bestimmten Person, etwa wenn ein Architekt sei Jahren mit einem Auftrag vertraut ist.
- Bei "flankierenden Maßnahmen".
Was ist für den Verwalter wichtig?
Soll die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einem Dritten einen Vertrag schließen, muss dessen Vertragsentwurf bei Beschlussfassung vorliegen und sollte dieser den Wohnungseigentümern mit der Ladung zur Versammlung grundsätzlich – wenn es seine Länge erlaubt – zugesandt werden. Der konkrete Beschluss muss auf diesen Vertragsentwurf Bezug nehmen. Der Vertragsentwurf ist als Anlage zur Niederschrift und in die Beschluss-Sammlung zu nehmen.
Link zur Entscheidung
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.05.2018, 2-13 S 26/17