Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Mit "Vertragsstrafe" werden im Vertragsrecht Regelungen bezeichnet, nach denen sich die eine Vertragspartei der anderen gegenüber verpflichtet, eine bestimmte Geldsumme für den Fall zu bezahlen, dass sie ihre vertraglichen Pflichten nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt. Durch Beschluss können die Wohnungseigentümer Vertragsstrafen etwa bei Verstößen gegen die Hausordnung, gegen vereinbarte Vermietungsbeschränkungen oder bei Hausgeldrückständen nicht regeln. Vertragsstrafen können im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer und der Gemeinschaft allenfalls vereinbart werden.
Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Vertragsstrafe im Fall des Vertragsbruchs besteht nicht, sie muss daher vertraglich vereinbart werden.
BGH, Urteil v. 12.4.2019, V ZR 112/18: Beschlüsse, die auf der Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel gefasst werden, sind grundsätzlich nur insoweit materiell überprüfbar, als das "Ob" und das "Wie" der Änderung nicht willkürlich sein dürfen. Anders ist es bei Beschlüssen, die unverzichtbare oder unentziehbare, aber verzichtbare ("mehrheitsfeste") Rechte betreffen. Diese unterliegen einer weiterreichenden Kontrolle.
BGH, Urteil v. 10.10.2014, V ZR 315/13: Die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht wird materiell-rechtlich u. a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte begrenzt. Ein in solche Rechte ohne Zustimmung der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer eingreifender Beschluss ist schwebend unwirksam. Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Mitgliedschaftsrechten gehört das sog. Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) – sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender – Leistungspflichten schützt.
BGH, Urteil v. 18.6.2010, V ZR 193/09: Aus der Kompetenz, den Gebrauch (§ 15 WEG), die Verwaltung (§ 21 WEG) und die Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 22 WEG) durch Mehrheitsbeschluss zu regeln, folgt nicht die Befugnis, den Wohnungseigentümern außerhalb der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten Leistungspflichten aufzuerlegen.
1 Grundsätze
Weder das Bürgerliche Gesetzbuch, noch das Wohnungseigentumsgesetz regeln Vertragsstrafen. Ist eine Angelegenheit weder durch das Gesetz, noch durch Vereinbarung der Beschlussfassung unterworfen, fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz. Ein dennoch gefasster Beschluss ist nichtig.
Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 kennt das Wohnungseigentumsgesetz auch keine Bestimmung mehr, die es ermöglichen würde, etwa schadensunabhängige Nutzungspauschalen (z. B. Umzugspauschalen) durch Beschluss zu regeln, wie dies noch gem. § 21 Abs. 7 WEG a. F. möglich war. Bereits für die nicht mehr geltende Regelung des § 21 Abs. 7 WEG a. F. hatte der BGH ausdrücklich klargestellt, dass auf ihrer Grundlage keine Vertragsstrafen geregelt werden können.
Grundsätzlich besteht keine Beschlusskompetenz, Wohnungseigentümern außerhalb der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten Leistungspflichten aufzuerlegen.
Bei Vertragsstrafen handelt es sich gerade nicht um gemeinschaftliche Kosten, vielmehr sollen bestimmte Verstöße zusätzlich sanktioniert werden, obwohl bereits ausreichend Rechtsschutz gewährt ist. So können rückständige Hausgelder unproblematisch eingeklagt werden, bei Verstößen gegen die Hausordnung oder vereinbarte Vermietungsbeschränkungen können entsprechende Unterlassungsansprüche gerichtlich verfolgt werden.
2 Regelung aufgrund Öffnungsklauselbeschluss
Bei der Frage, ob Vertragsstrafenregelungen durch Beschluss aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel erfolgen können, ist zunächst zu unterscheiden, ob insoweit eine spezifizierte Öffnungsklausel existiert oder eine allgemeine Öffnungsklausel.
2.1 Spezifizierte Öffnungsklausel
Wesen der spezifizierten Öffnungsklausel ist, dass sie bereits inhaltlich den Rahmen für eine mögliche Beschlussfassung steckt.
Spezifizierte Öffnungsklausel
"Die Wohnungseigentümer können mit einer Mehrheit von 2/3 Vertragsstrafen für den Fall von Verstößen gegen die Hausordnung oder vereinbarte Vermietungsbeschränkungen durch Beschluss regeln."
Gibt die Öffnungsklausel den konkreten Inhalt einer möglichen Regelung durch Beschluss vor, dürften entsprechende Vertragsstrafenregelungen unproblematisch beschlossen werden können. Jeder Wohnungseigentümer ist jedenfalls bei Erwerb seiner Sondereigentumseinheit in Kenntnis einer derart möglichen Beschlussfassung, weshalb seine Zustimmung insoweit antizipiert ist, als er sich mit dieser Möglichkeit durch den Erwerb seiner Sondereigentumseinheit einverstanden erklärt hat.
2.2 Allgemeine Öffnungsklausel
Im Fall einer allgemeinen Öffnungsklausel wird den Wohnungseigentümern zunächst nur in formeller Hinsicht eine Beschlusskompetenz eingeräumt.
In materieller Hinsicht sind Beschlüsse, die auf der Grundlage einer allgemeinen Ö...