Leitsatz
Gegenstand dieser Entscheidung war die Herabsetzung und Befristung nachehelichen Unterhalts noch unter der Geltung alten Verfahrensrechts. Der unterhaltspflichtige Ehemann begehrte den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab September 2008 unter Berufung auf das zum 1.1.2008 in Kraft getretene UÄndG.
Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Herabsetzung und Befristung nachehelichen Unterhalts.
Der 1935 geborene Kläger und die 1951 geborene Beklagte hatten am 17.12.1970 geheiratet. Vor der Eheschließung im Juni 1970 war der gemeinsame Sohn geboren worden. Durch notariellen Ehevertrag vom 16.12.1970 hatten die Parteien den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart. Ende 1977 trennten sie sich. Ihre Ehe wurde im Juli 1979 geschieden. Die elterliche Sorge für den Sohn wurde dem Vater übertragen.
Anlässlich der Ehescheidung hatten die Parteien eine gerichtlich protokollierte Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, in der der Kläger sich verpflichtete, nachehelichen Unterhalt i.H.v. 5.000,00 DM monatlich wertgesichert zu zahlen. Die Beklagte erhielt darüber hinaus weitere Kapitalzahlungen. Sie hatte eine Hauswirtschaftsschule besucht und mit Rücksicht auf die damals bereits bestehende Beziehung zu ihrem späteren Ehemann von einer Berufsausbildung abgesehen. Nach der Ehescheidung war sie nicht berufstätig. Der Kläger erhöhte den Ehegattenunterhalt im Jahre 1990 auf 6.000,00 DM und 1997 auf 7.000,00 DM monatlich. In der Folgezeit erkrankte die Beklagte an einer Alkoholabhängigkeit mit alkoholtoxischer Leberzirrhose und litt unter weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen. Sie bewohnte ein unbelastetes Reihenhaus, das sie im Jahre 1996 aus den Kapitalzuwendungen des Klägers erworben hatte.
Der weiterhin in seinem Unternehmen tätige Kläger verfolgte mit der von ihm erhobenen Abänderungsklage den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab September 2008, nachdem er ca. 30 Jahre lang Unterhaltszahlungen geleistet hatte und berief sich insoweit auf das zum 1.1.2008 in Kraft getretene UÄndG.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Unterhalt auf 1.800,00 EUR herabgesetzt und bis zum 31.7.2011 befristet. Das OLG hob die Befristung auf und beschränkte den Anspruch ab August 2009 auf 2.500,00 EUR mit der Begründung, auch ohne die Feststellung ehebedingter Nachteile sei ein völliger Wegfall des Unterhaltsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nach § 36 Nr. 1 EGZPO unzumutbar.
Entscheidung
Auf die Revisionen beider Parteien hat der BGH die Entscheidung des OLG aufgehoben und zurückverwiesen.
Die Rüge der Revision der Beklagten, dass der Vergleich vom Gesetz losgelöste Unterhaltsansprüche beinhalte, hielt er für nicht gerechtfertigt. Ein derartiger Wille der Parteien könne nur beim Vorliegen besonderer dafür sprechender Anhaltspunkte angenommen werden. Die Auslegung der Vereinbarung ergebe keinerlei Anhaltspunkte, die für eine rein vertragliche Regelung sprächen, so dass unterhaltsrechtliche Kriterien für die Abänderung des Titels maßgeblich seien. Hierbei sei das OLG zu Unrecht von der Anwendbarkeit des § 36 Nr. 1 ZPO ausgegangen, da eine Begrenzung des Aufstockungsunterhalts bereits vor dem Inkrafttreten des § 1578b BGB möglich gewesen sei und somit im Falle einer Abänderung des Titels diese nicht auf dem Inkrafttreten des UÄndG zum 01.01.2008 beruhe. Der Gedanke des Vertrauensschutzes sei jedoch im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB neben den sonstigen Abwägungskriterien, zu denen das OLG keine Feststellungen getroffen habe, zu berücksichtigen.
Hinweis
Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 36 Nr. 1 EGZPO entspricht die Entscheidung der ständigen Rechtsprechung des BGH, der sich wiederholt mit Entscheidungen zu befassen hatte, in denen die Untergerichte die Auffassung vertreten hatten, der Auseinandersetzung mit § 1578b BGB durch ein Abstellen auf den Vertrauensschutz nach § 36 Nr. 1 EGZPO entrinnen zu können. Der BGH stellt jedoch klar, dass ein Vertrauenstatbestand aufgrund einer über lange Zeit andauernden vorbehaltlosen Praxis der Unterhaltszahlung auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 36 Nr. 1 EGZPO gegeben sein kann.
Für den Praktiker zeigt doch diese Entscheidung des BGH, dass in Abänderungsverfahren nach § 1578b BGB detailliert und differenziert zu den persönlichen Umständen der Parteien vorzutragen ist.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 21.09.2011, XII ZR 173/09