1 Leitsatz

Der Verwalter ist grundsätzlich berechtigt, auch dann Versorgungsverträge abzuschließen, wenn die Wohnungseigentümer keine Budgetobergrenze bestimmt haben.

2 Normenkette

§ 18 Abs. 2, 23 Abs. 4 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer ermächtigen den Verwalter zum Abschluss und zur Kündigung von Versorgungsverträgen (TOP 1). Ferner beschließen sie, dass ein Kanal repariert werden soll (TOP 2). Gegen diese Beschlüsse geht Wohnungseigentümer K vor. Er meint, der Beschluss zu den Versorgungsverträgen sei nicht ausreichend bestimmt gewesen. In Bezug auf den Beschluss auf die Reparatur des Kanals rügt er, die Auswahlentscheidung sei auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage erfolgt.

4 Die Entscheidung

Der Beschluss zu TOP 1 ist nach Ansicht des LG nicht zu beanstanden! Zwar sei davon auszugehen, dass eine weitreichende Ermächtigung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche, wenn ihr eine Budgetobergrenze fehle. Mit Blick auf den Abschluss und die Kündigung von Versorgungsverträgen entspreche es hingegen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Ermächtigung durch keine Budgetobergrenze limitiert sei. Denn dort sei wegen der geringen Preisunterschiede für Strom, Gas etc. und der bei Versorgungsverträgen üblichen kurzen Laufzeiten die Gefahr viel geringer, dass der Verwalter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hohe Verbindlichkeiten aufbürde. Der Erhaltungsbeschluss sei hingegen jedenfalls wegen Unbestimmtheit für ungültig zu erklären. Nehme ein Beschluss der Wohnungseigentümer auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch des Protokolls sei, erfordere das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt sei. Daran fehle es. Die Bezeichnungen "vorliegendes Angebot" und "Angebot der Firma …" ermöglichten keine zweifelsfreie Bestimmung der Angebote. Hierfür hätte es zumindest einer Angebotsnummer, des Datums des Angebots o. Ä. bedurft.

Hinweis

  1. Im Fall haben die Wohnungseigentümer – es galt noch altes Recht – den Verwalter ermächtigt, Versorgungsverträge abzuschließen und/oder zu kündigen. Diese Ermächtigung war auch notwendig, da der Verwalter von Gesetzes wegen nicht berechtigt war, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer insoweit zu vertreten. Im aktuellen Recht ist es anders. Denn nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG ist der Verwalter der gesetzliche Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und bedarf daher für eine Vertretung keiner Ermächtigung. Diese Regelung darf aber nicht missverstanden werden. Der Verwalter muss sich immer fragen, ob er berechtigt ist, selbst zu entscheiden, ob ein Vertrag geschlossen wird und/oder berechtigt ist, auf einen Vertrag der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einzuwirken. Dies ist, wenn die Wohnungseigentümer nichts anderes bestimmen, immer eine Frage des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Es ist also zu fragen, ob für eine konkrete Gemeinschaft der Wohnungseigentümer der Abschluss eines Versorgungsvertrags nur untergeordnete Bedeutung hat und nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Wohnungseigentümer führt. Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es liegt zwar nahe, dass ein Verwalter grundsätzlich als befugt anzusehen ist, Versorgungsverträge zu schließen und auf diese einzuwirken. Im Einzelfall kann es aber auch anders sein. Jedem Verwalter ist daher dringend zu raten, so schnell wie möglich für diesen und für andere Verträge für Rechtssicherheit zu sorgen. Um für Klarheit zu sorgen, ist mithin ein Beschluss nach § 27 Abs. 2 WEG anzustreben. Dazu sollte der Verwalter sämtliche Verträge in einer Wohnungseigentumsanlage sichten. Dann muss er zunächst einmal für sich entscheiden,

    • welche dieser Verträge der Verwalter künftig schließen können soll, ohne die Wohnungseigentümer zu befassen;
    • auf welche Verträge der Verwalter einwirken können soll (etwa kündigen), ohne die Wohnungseigentümer zu befassen;
    • bei welchen Summen der Verwalter die Verwaltungsbeiräte oder die Wohnungseigentümer einschalten muss;
    • wann der Verwalter Rat einholen muss;
    • wann die Entscheidung des Verwalters an die Zustimmung eines Dritten, etwa eines Architekten, Ingenieurs, Rechtsanwalts, Wirtschaftsprüfers oder Sachverständigen gebunden sein soll.

    Ferner sollte überlegt werden, welche Entscheidungen üblicherweise in der Wohnungseigentumsanlage zu treffen sind. Dies kann die Erhebung einer Klage, die Gestaltung der Außenanlage oder die Weisung an einen Hausmeister sein. Auch hier ist zu klären, inwieweit der Verwalter allein handeln können und wo und wann er gebunden sein soll.

     

    Beschlussmuster: Beschluss nach § 27 Abs. 2 WEG

    TOP XX: ___________

    1. Der Verwalter ist berechtigt, namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, folgende Verträge zu schließen und sämtliche Vertragserklärungen abzugeben: ___________; anderes gilt, soweit eine Haftung nach § 9a Absatz 4 Satz 1 WEG den Betrag von ______ EUR überschreitet.
    2. Der Verwalter ist berechtigt, namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sämtliche ihrer Forderungen außergerichtlich und gerichtlich mithilfe eines von ihm zu bestimmenden Rechts...

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