Leitsatz

Ist in einer Wohnungseigentümerversammlung Beschlußfähigkeit nicht gegeben, so muß der Verwalter auch dann eine zweite Versammlung nach § 25 Abs. 4 WEG einberufen, wenn im Zeitpunkt der ersten Versammlung die Mehrheit der Wohnungseigentümer von der Ausübung des Stimmrechts - gemäß einer entsprechenden Regelung in der Gemeinschaftsordnung - wegen eines zwei Monatsteilbeträge nach dem Wirtschaftsplan übersteigenden Zahlungsrückstandes ausgeschlossen war.

 

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer faßten ursprünglich einen Beschluß, wonach diejenigen Wohnungseigentümer, die mehr als zwei Monatsteilbeträge laut jeweils gültigem Wirtschaftsplan in Rückstand sind, vom Stimmrecht ausgeschlossen werden, bis sie alle Rückstände beglichen haben.

Nach einiger Zeit wurde vom Verwalter, der auch Wohnungseigentümer ist, eine Eigentümerversammlung einberufen. Zu Beginn der Versammlung waren zehn der zwölf Wohnungseigentümer anwesend. Der Verwalter erklärte nun, außer ihm seien sämtliche Wohnungseigentümer mit mehr als zwei Monatsbeträgen in Rückstand und daher nicht stimmberechtigt. Daraufhin verließen die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Verwalters die Versammlung. Dieser faßte sodann allein mit seiner Stimme die auf der Tagesordnung stehenden Beschlüsse. Diese Beschlüsse fechten nunmehr die übrigen Wohnungseigentümer an und sind der Auffassung, die Eigentümerversammlung sei nicht beschlußfähig gewesen.

 

Entscheidung

Mit Erfolg, die vom Verwalter allein mit seiner Stimme gefaßten Beschlüsse waren ungültig, da die Wohnungseigentümerversammlung nicht beschlußfähig war.

Die notwendige Beschlußfähigkeit ist nach § 25 Abs. 3 WEG nur gegeben, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten. Da nun sämtliche Wohnungseigentümer bis auf den Verwalter die Versammlung vor Beschlußfassung verließen, war diese Voraussetzung nicht erfüllt. Der Verwalter hätte also gemäß § 25 Abs. 4 WEG eine neue Versammlung mit den gleichen Tagesordnungspunkten einberufen müssen, die dann ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlußfähig gewesen wäre.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob der ursprüngliche Beschluß über den Stimmrechtsausschluß wegen Wohngeldrückständen wirksam ist. Denn in diesem Fall beruht der Ausschluß des Stimmrechts zwar in nicht geleisteten Wohngeldzahlungen aufgrund des Wirtschaftsplans, jeder einzelne Wohnungseigentümer kann aber in der Zeit bis zur Durchführung der zweiten Eigentümerversammlung etwaige Rückstände ausgleichen und dadurch das Wiederaufleben seines Stimmrechts herbeiführen.

Der Umstand, daß die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Verwalters die Eigentümerversammlung verließen, war unbeachtlich, insbesondere lag darin kein absichtliches Herbeiführen einer Beschlußunfähigkeit. Nachdem der Verwalter zu Beginn der Versammlung darauf hinwies, daß sämtliche anwesenden Wohnungseigentümer aufgrund der Wohngeldrückstände vom Stimmrecht ausgeschlossen seien, war es diesen natürlich nicht zu verdenken, daß sie zu einer weiteren Teilnahme nicht mehr bereit waren.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.10.1998, 3 Wx 162/98

Fazit:

Für bestimmte Fälle kann in der Gemeinschaftsordnung das Ruhen des Stimmrechts vorgesehen werden. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Wohnungseigentümer ernsthaft ihre Pflichten verletzen. Eine derartige Regelung kann auch in der Form getroffen werden, daß Wohnungseigentümer, die mit einzelnen Verpflichtungen in Verzug sind, von der Abstimmung in Eigentümerversammlungen ausgeschlossen werden, vor allem dann, wenn sie mit Wohngeldzahlungen in Verzug sind. Einzelne Obergerichte gehen gar so weit, den betroffenen Wohnungseigentümern die Teilnahme an den Eigentümerversammlungen per Regelung untersagen zu können, was jedoch angesichts der Tatsache, daß die Teilnahme an Eigentümerversammlungen ein wesentliches aus dem Wohnungseigentümer fließendes Recht ist, äußerst bedenklich erscheint.

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