1 Leitsatz

Bei der Prüfung, ob ein wichtiger Grund gegen die Weiterbestellung eines Verwalters besteht, ist allein auf behauptete – rechtzeitig gerügte – Pflichtverletzungen in dem Zeitraum zwischen der letzten bestandskräftigen Bestellung und dem Tag des Wiederbestellungsbeschlusses abzustellen. Für Abberufung und Wiederbestellung gelten insoweit die gleichen Grundsätze.

2 Normenkette

§ 26 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K greift den Beschluss an, mit dem die Wohnungseigentümer Verwalter V für 3 Jahre wiederbestellt haben. Das AG gibt der Anfechtungsklage statt. Der Bestellungsbeschluss widerspreche den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Der Verwalter habe vieles falsch gemacht. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung führten diese Fehler dazu, dass eine Weiterbestellung objektiv unvertretbar sei.

4 Die Entscheidung

Das LG sieht das anders! Die Bestellung des V sei jedenfalls nicht objektiv unvertretbar gewesen. Ein Verwalter schulde das Erhaltungsmanagement in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum. Ferner habe er Versammlungen einzuberufen, Jahresabrechnungen zu erstellen und die Konten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ordnungsgemäß zu führen. Diese Pflichten habe V nicht in derart gravierender Art und Weise verletzt, dass eine Wiederbestellung objektiv unvertretbar wäre. V habe Versammlungen nicht zu spät terminiert. Man könne V auch nicht vorwerfen, für einen neuen Verwalter keine Vergleichsangebote eingeholt und weitere Bewerber eingeladen zu haben. V treffe auch kein Verschulden an der möglicherweise unzulässigen Delegation von Verwaltungsaufgaben auf ihn. Auch sei eine ungenügende Objektbetreuung bei Umbaumaßnahmen nicht feststellbar. V habe schließlich auch nicht zu spät Entwürfe für Jahresabrechnungen vorgelegt oder die Konten falsch geführt.

Hinweis

  1. Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Weiterbestellung eines Verwalters ist am Maßstab einer ordnungsmäßigen Verwaltung zu messen. Denn die Wohnungseigentümer haben nach § 18 Abs. 2 WEG nicht nur einen Anspruch darauf, dass die Tätigkeit des Verwalters diesen Grundsätzen entspricht, sondern auch darauf, dass der Verwalter selbst diesen Anforderungen genügt. Daran fehlt es, wenn ein wichtiger Grund gegen die Weiterbestellung spricht. Wann dies der Fall ist, bestimmt sich nach bislang h. M. in Anlehnung an § 26 Abs. 1 Satz 3 WEG a. F. nach den für die Abberufung des Verwalters geltenden Grundsätzen (siehe etwa BGH, Urteil v. 22.6.2012, V ZR 190/11, Rz. 7). Ob diese Rechtsprechung fortgesetzt wird, liegt nahe, bleibt aber abzuwarten: Denn es gibt im aktuellen Recht keinen wichtigen Grund mehr für eine Abberufung.
  2. Das Vorliegen eines wichtigen Grunds verpflichtete die Wohnungseigentümer allerdings nicht ohne Weiteres dazu, den Verwalter abzuberufen. Sie hatten vielmehr Ermessen und durften von einer Abberufung absehen, wenn dies aus objektiver Sicht vertretbar erschien. Auch die Weiterbestellung des Verwalters widersprach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung deshalb erst, wenn die Wohnungseigentümer ihr Ermessen überschritten hatten und es bei umfassender Würdigung aller Umstände objektiv nicht mehr vertretbar erschien, den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände weiter zu bestellen (siehe etwa BGH, Urteil v. 22.6.2012, V ZR 190/11, Rz. 7; BGH, Urteil v. 10.2.2012, V ZR 105/11, Rz. 10). Dabei waren nur diejenigen Tatsachen zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt des angefochtenen Bestellungsbeschlusses bereits vorlagen, bekannt waren und im Kern innerhalb der Klagebegründungsfrist rechtzeitig geltend gemacht wurden.
  3. Bei der Prüfung, ob wichtige Gründe vorliegen, durften diejenigen Umstände nicht (mehr) herangezogen werden, die wegen einer bestandskräftig beschlossenen Weiterbestellung außer Betracht zu bleiben hatten. Die Möglichkeit, sich auf ein Fehlverhalten des Verwalters zu berufen, entfiel allerdings nicht allein durch einen bestandskräftigen Entlastungsbeschluss, der auch ein bestimmtes Fehlverhalten des Verwalters einbezog. Darüber hinaus konnten die Wohnungseigentümer sich auch dann nicht mehr auf ein Fehlverhalten des Verwalters berufen, wenn sie ihn in Kenntnis derjenigen Umstände, die seine Abberufung rechtfertigen könnten, bestandskräftig erneut zum Verwalter bestellten (LG Berlin, Beschluss v. 26.11.2013, 55 S 69/11 WEG).

5 Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 15.7.2020, 318 S 10/20

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