Leitsatz
Ein Kandidat für das Amt eines Verwalters ist nicht allein deshalb ungeeignet, weil er keine Ausbildung in der Immobilienverwaltung hat und noch nie selbstständige Erfahrungen als WEG-Verwalter gesammelt hat.
Die Bestellung eines Kandidaten zum Verwalter kann auch dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn der Kandidat weder über eine betriebswirtschaftliche noch über eine rechtliche Ausbildung verfügt.
Normenkette
§ 26 WEG
Das Problem
Die Wohnungseigentümer bestellen die Miteigentümerin P, eine Polizeibeamtin, zur Verwalterin. P verfügt weder über eine einschlägige betriebswirtschaftliche, buchhalterische oder rechtliche Ausbildung noch über eine betriebliche Ausstattung. Wohnungseigentümer K hält P zur Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums für ungeeignet und greift den Bestellungsbeschluss an.
Die Entscheidung
- Ohne Erfolg! Die bei der Bestellung anzustellende Prognose darüber, ob P das ihr anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben werde, erscheine vertretbar. Es seien keine Tatsachen vorgetragen, welche den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung bekannt waren und Zweifel rechtfertigen könnten, P werde die bei der Wahl gegebenen Zusagen, sich zur Einarbeitung in das Amt kundig zu machen, Fortbildungen zu besuchen und die notwendigen Versicherungen abzuschließen, nicht einhalten. Ihre berufliche Stellung als Polizeibeamtin weise sie als zuverlässig aus. Auch wenn P in Vollzeit tätig sei, bleibe ihr außerhalb ihrer beruflichen Arbeitszeit genügend Freiraum, sich die erforderlichen Fähigkeiten durch entsprechende Schulungen anzueignen und das Amt den gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen entsprechend auszuüben. Umstände, welche die P daran hindern könnten, die zur Amtsausübung erforderliche betriebliche Ausstattung zu erwerben, seien nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. P's Bestellung habe zudem den Vorteil, dass die von P geforderte Verwaltervergütung mit 10 EUR netto pro Einheit und Monat deutlich günstiger sei als die von den anderen Bewerbern.
- Der Auffassung, ein Bewerber sei bereits dann ungeeignet, wenn er keine Ausbildung in der Immobilienverwaltung absolviert und noch nie selbstständige Erfahrungen als WEG-Verwalter gesammelt habe, sei falsch. Die dahin gehende Entscheidung des LG Düsseldorf v. 18.10.2013, 25 S 7/13, ZWE 2014 S. 87 lasse außer Acht, dass eine fachliche Qualifikation nicht Voraussetzung für die Ausübung einer Verwaltertätigkeit sei. Würde man den Nachweis von Berufserfahrung als Voraussetzung für eine gültige Beschlussfassung über die Verwalterbestellung verlangen, wäre Berufsanfängern der Weg zu einer selbstständigen Berufsausübung als Verwalter versperrt (Hinweis auf Kapries, ZMR 2014, S. 856, 857).
Kommentar
Die Entscheidung überzeugt nicht. Nach den Feststellungen war die in Vollzeit tätige Polizeibeamtin jedenfalls bei der Bestellung noch nicht geeignet: Sie wollte sich zur Einarbeitung in das Amt erst kundig machen, Fortbildungen erst besuchen und die notwendigen Versicherungen erst abschließen. Zum Zeitpunkt der Bestellung lag all dieses noch nicht vor. Die Polizeibeamtin war mithin unstreitig ungeeignet. Was später gelten würde, ist nicht zu prüfen. Dass eine Person, die in Vollzeit anderweitig beschäftigt ist, eine gute Verwalterin ist, ist allerdings stets zweifelhaft.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Das geplante Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Verwalter von Wohnungseigentum ändert am Problem des "Hobbyverwalters" nichts. Nach dem Gesetz soll nur der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedürfen, der gewerbsmäßig fremdes Wohnungseigentum gemäß §§ 26 bis 28 WEG verwaltet. Die Polizeibeamtin würde aber im Sinne des Gesetzes wohl "eigenes" Wohnungseigentum verwalten. Jedenfalls dürfte es an einer Gewerbsmäßigkeit fehlen.
Link zur Entscheidung
LG Stuttgart, Urteil vom 29.07.2015, 10 S 68/14