Leitsatz

  1. Für Entscheidungen über eine Streitigkeit um die Abberufung des Verwalters innerhalb einer werdenden (faktischen) Wohnungseigentümergemeinschaft sind die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig.
  2. Die eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft unter anderem kennzeichnende Besitzerlangung des Erwerbers erfordert lediglich die faktische Besitzeinräumung.
  3. Das für die gerichtliche Durchsetzung der Abberufung des Verwalters durch einzelne Wohnungseigentümer erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist anzunehmen, wenn ihr Versuch, einen Mehrheitsbeschluß über die Abberufung herbeizuführen, gescheitert ist, oder, wenn ihnen die vorherige Anrufung der Versammlung nicht zugemutet werden kann, weil in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse in der Wohnungseigentümergemeinschaft das die Abberufung des Verwalters ablehnende Abstimmungsergebnis von vornherein feststeht.
  4. Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung des Verwalters kann gegeben sein, wenn er sich weigert, einem Einberufungsverlangen der Wohnungseigentümer nach § 24 Abs. 2 WEG Folge zu leisten oder wenn er gegen Wohnungseigentümer Strafanzeigen erstattet, die jeder Grundlage entbehren.
 

Sachverhalt

Eine Bauträgergesellschaft errichtete die Wohnungseigentumsanlage, deren Geschäftsführer erklärte deren Teilung, bestellte einen Verwalter und wurde selbst Eigentümer einer der Wohnungen. Noch vor endgültiger Fertigstellung wurden zwei der vier Wohnungen an die Eigentümer übergeben, für die dann eine entsprechende Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wurde. Die Fertigstellung der Wohnanlage verzögerte sich weiter, so daß die Wohnungseigentümer ein selbständiges Beweisverfahren durchführten, um das Ausmaß der Verzögerungen zu klären und Mängelbeseitigung an dem Grundstück durchzuführen.

Die Verwalterin wurde in diesem Zusammenhang mehrfach aufgefordert, eine Eigentümerversammlung einzuberufen sowie Maßnahmen zur Mängelbeseitigung in die Wege zu leiten. Diese reagierte jedoch nicht, sondern erstattete gegen die beiden Wohnungseigentümer Strafanzeige. Die Wohnungseigentümer begehren nunmehr die gerichtliche Abberufung des Verwalters, da es zu einem entsprechenden Eigentümerbeschluß nicht gekommen ist.

 

Entscheidung

In diesem Verfahren war zunächst einmal zu klären, ob es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft um eine werdende bzw. faktische Gemeinschaft handelt, für die die freiwillige Gerichtsbarkeit zuständig ist. Diese Frage war zu bejahen, da sich ihre Rechtsstellung der einer rechtlich in Vollzug gesetzten Eigentümergemeinschaft bereits weitgehend angenähert hatte. Dies setzt neben einem gültigen Erwerbsvorgang und der Besitzerlangung des Erwerbers auch dessen grundbuchrechtliche Sicherung beispielsweise durch eine Vormerkung voraus. Alle Voraussetzungen waren hier erfüllt.

Weiter war zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Abberufung des Verwalters gegeben war. Auch dies mußte bejaht werden. Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung des Verwalters liegt immer dann vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller - nicht notwendigerweise vom Verwalter selbst verschuldeter - Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis gestört ist. Der Verwalter hatte sich hier geweigert, dem Einberufungsverlangen der Wohnungseigentümer Folge zu leisten und darüber hinaus gegen zwei der Wohnungseigentümer auch noch ungerechtfertigt Strafanzeige erstattet, die nach Meinung der zuständigen Staatsanwaltschaft "jeglicher Grundlage entbehrte". Unter derartigen Umständen dürfte es selbstverständlich sein, daß an eine vertrauensvolle künftige Zusammenarbeit nicht zu denken ist.

In diesem Zusammenhang fehlte den klagenden Wohnungseigentümern auch nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Hiervon könnte man zunächst deshalb ausgehen, da ein Mehrheitsbeschluß über die Abberufung des Verwalters gar nicht herbeigeführt wurde. Dieser Umstand jedoch ist dann unschädlich, wenn der Versuch des Wohnungseigentümers, einen Mehrheitsbeschluß über die Abberufung herbeizuführen, gescheitert ist, oder ihm eine vorherige Anrufung der Versammlung nicht zuzumuten ist, weil in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse ein Mehrheitsbeschluß sowieso nicht zu erwarten ist.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.02.1998, 3 Wx 345/97

Fazit:

Die Entscheidung macht deutlich, daß es nicht immer eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf, wenn es um die vorzeitige Abberufung des Verwalters geht. Ein Beschlusses ist also dann entbehrlich, wenn sich die Einberufung der Versammlung als bloße Förmelei entpuppen würde. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn von vornherein klar ist, daß ein Mehrheitsbeschluß aufgrund der Mehrheitsverhältnisse nicht zustande kommen wird. Das kann beispielsweise in einer aus drei Wohnungseigentümern bestehenden Wohnanlage selbst dann der Fall sein, wenn zwar zwei der Mitglieder...

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