Normenkette

§ 21 Abs. 3, 4 WEG, § 26 Abs. 1 WEG, § 242 BGB

 

Kommentar

1. Es entspricht in der Regel nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der Geschäftsführer und die Alleingesellschafterin einer GmbH, die über die Mehrheit der Stimmen verfügen, mit ihrer Stimmenmehrheit gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer ihre eigene GmbH zur Verwalterin bestellen.

Beide genannten Eigentümerpersonen besaßen vorliegend 56,1 % der Miteigentums- und Stimmanteile; mit diesen Stimmanteilen bestellten sie ihre GmbH zum Verwalter; 38,02 % der Eigentümer sprachen sich gegen den Beschluss aus und 2,22 % enthielten sich der Stimme.

2. Die Beschlussanfechtung zweier Eigentümer (in Minderheit) hatte Erfolg.

In Rechtsprechung und Schrifttum ist das Problem der Stimmenmehrheit eines oder einzelner Wohnungseigentümer, insbesondere des Bauträgers, und die damit verbundene Gefahr der "Majorisierung" der übrigen Wohnungseigentümer dadurch gelöst worden, dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob ein Eigentümerbeschluss, den ein beherrschender Wohnungseigentümer durchgesetzt hat, für ungültig zu erklären ist. Die Ausnutzung der Stimmenmehrheit kann einen nach § 242 BGB unzulässigen Rechtsmissbrauch zu Lasten der Eigentümerminderheit darstellen, der zur Ungültigerklärung eines solchen Beschlusses führt. Schließlich ist auch ein Beschluss dann für ungültig zu erklären, wenn er den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung widerspricht (vgl. BayObLG, RPfI. 86, 220 m. w. N.). Vorliegend entsprach der Beschluss nicht diesem Grundsatz, d.h. dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (§ 21 Abs. 4, Abs. 5, Halbsatz 1 WEG). Offen bleiben konnte dabei, ob die Stimmrechtsausnutzung als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden könnte. Die tatsächlichen, bindenden Feststellungen des Landgerichts rechtfertigen die Annahme, dass dieser Bestellungsbeschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. Von entscheidender Bedeutung sei dabei, dass sich die ganz überwiegende Zahl der Wohnungseigentümer gegen die Bestellung dieser Verwalter-GmbH ausgesprochen habe, wobei die enge Verbindung und Verflechtung der beiden Eigentümer mit der GmbH eine entscheidende Rolle spiele. Mit der Bestellung hätten sich die beiden Eigentümer im Ergebnis selbst begünstigt (vgl.OLG Hamm, OLGZ 78, 184/189; OLG Düsseldorf, OLGZ 84, 289). Auch sei zwischen beiden Eigentümern und den restlichen Eigentümern ein gewisser Interessengegensatz im Hinblick darauf zu bestätigen, dass Gewährleistungsansprüche der übrigen Eigentümer gegen den Antragsgegner zu 1 als Bauträger nicht ausgeschlossen seien und sich auch Interessengegensätze insbesondere im Zusammenhang mit der noch nicht abgeschlossenen Bebauung des Grundstückes ergeben könnten.

Die Rechtsprechung begrenzt sogar das Stimmrecht auf eine Sperrminorität von 25 % aller Stimmen (vgl. OLG Hamm und OLG Düsseldorf, wie oben). Die Vorinstanzen seien diesen Weg nicht gegangen; sie hätten sogleich antragsgemäß einen Notverwalter bestellt, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei.

3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz von DM 57.600,- (Verwaltervergütung für 5 Jahre).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 27.06.1996, 2Z BR 46/96)

Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Die Entscheidung überzeugt mich nicht in allen Begründungspunkten. Das Stimmengewicht eines Mehrheitseigentümers insbesondere bei einer Verwalterbestellung generell - durch richterliche Gestaltung - etwa auf eine Sperrminorität von 25 % zu reduzieren, wurde tatsächlich früher vereinzelt von Obergerichten, so insbesondere dem OLG Düsseldorf entschieden; diese Rechtsprechung stieß allerdings auf erhebliche Kritik insbesondere in der Literatur und dürfte heute als überholt gelten (selbst das OLG Düsseldorf hat seine frühere Meinung aufgegeben). Festzustellen ist nach heute wohl vorherrschender Rechtsmeinung allein im Zuge einer Beschlussanfechtung durch Minderheiteneigentümer oder - bei Antragsablehnung durch entsprechende Verpflichtungsanträge, ob ein solcher Mehrheitseigentümer sein majorisierendes Stimmengewicht im konkreten Fall rechtsmissbräuchlich geltend gemacht habe. Mit der jetzigen Entscheidung des BayObLG wird auch als möglicher Anfechtungs- und Beschlussungültigkeitsgrund der Verstoß gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung in den Vordergrund gestellt unter Hinweis auf eigene (wohl zu befürchtende) Begünstigung und Interessenskonflikte insbesondere im Zuge der Verfolgung anfänglicher Baumängelgewährleistungsansprüche. Begründet wurden diese Annahmen im vorliegenden Einzelfall m. E. vom Landgericht nicht ausreichend, vielmehr mehr oder weniger hypothetisch in den Raum gestellt. Damit erscheint mir das Stimmengewicht auch eines Mehrheitseigentümers ohne festgestellte rechtsmissbräuchliche Stimmenausübung (selbst bei der Bestellungsentscheidung der "eigenen" Verwalter-GmbH) doch sehr, vielleicht sogar zu weitgehend eingeschränkt. Auch ein - hier bestäti...

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