Häufig existieren keine Vereinbarungen bezüglich der Erhaltungslast der der Grunddienstbarkeit unterliegenden Gemeinschaftsflächen. In diesen Fällen ist danach zu unterscheiden, ob eine Alleinnutzung des aus der Grunddienstbarkeit Berechtigten erfolgt oder der Verpflichtete aus der Grunddienstbarkeit die entsprechenden Bereiche ebenfalls nutzt.

7.2.2.1 Alleinnutzung des Berechtigten

Nach der Bestimmung des § 1020 Satz 2 BGB hat der Berechtigte aus der Grunddienstbarkeit die von ihm gehaltene Anlage in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten.

 
Praxis-Beispiel

Geh- und Fahrtrecht für Hinterliegergemeinschaft

Der Bauträger hat in der Vergangenheit auf einem Grundstück 2 Gebäude errichtet und später die Grundstücke geteilt und auch die Wohnungs- oder Gewerbeeinheiten in den einzelnen Gebäuden in Wohnungseigentum aufgeteilt. Das Hinterliegergrundstück ist nur über das Grundstück der vorderliegenden Gemeinschaft begehbar, die Stellplätze ebenfalls nur über das Grundstück der vorderliegenden Gemeinschaft befahrbar. Insoweit hatte der Bauträger zugunsten der Wohnungseigentümer der Hinterliegergemeinschaft ein entsprechendes Geh- und Fahrtrecht durch Grunddienstbarkeiten gesichert. Die Eigentümer des Vordergrundstücks nutzen die Zuwegung nicht.

Werden Maßnahmen der Erhaltung, also der Instandhaltung und Instandsetzung, an den der Grunddienstbarkeit unterliegenden Bereichen der Zufahrt erforderlich, trifft die entsprechende Erhaltungslast also die Wohnungseigentümer des Hinterliegergrundstücks, wenn 2 Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Sie müssen eine "Anlage"
  2. "halten".

Bei einer "Anlage" im Sinne von § 1020 BGB handelt es sich um eine für eine gewisse Dauer bestimmte Einrichtung, durch die ein Zustand geschaffen wird, ohne den die Dienstbarkeit nicht ordnungsgemäß ausgeübt werden kann. Von einer Anlage im Sinne von § 1020 BGB ist bereits dann die Rede, wenn es sich um einen unbefestigten und nur aus 2 Fahrspuren bestehenden Weg handelt, soweit er durch ständiges Befahren mit Kraftfahrzeugen entstanden ist.[1] Unerheblich sind insbesondere die Eigentumsverhältnisse und wer die Anlage geschaffen hat.[2]"Gehalten" wird eine Anlage durch tatsächliche Nutzung seitens des Dienstbarkeitsberechtigten im eigenen Interesse.[3] Allerdings reicht lediglich die rechtliche Nutzungsbefugnis nicht aus. Der Dienstbarkeitsberechtigte muss die Anlage tatsächlich für eigene Zwecke einsetzen.[4] Nach § 1020 Satz 2 BGB ist insoweit das Integritätsinteresse der belasteten Wohnungseigentümer zu wahren. Die berechtigten Wohnungseigentümer sind daher verpflichtet,

  • von der Anlage ausgehende Beeinträchtigungen des Eigentums zu vermeiden,
  • die Verkehrssicherheit sicherzustellen und
  • gegebenenfalls auch für ein ordentliches Aussehen der Anlage zu sorgen.[5]

Sämtliche Maßnahmen werden insoweit von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergriffen und nicht etwa von den Wohnungseigentümern in Gemeinschaft. Zwar sind diese aus der Grunddienstbarkeit verpflichtet, allerdings handelt es sich um Verwaltungsmaßnahmen, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegen.

7.2.2.2 Mitbenutzung des Verpflichteten

Verbreitet sind Fälle, in den 2 oder mehr Wohnungseigentumsanlagen über eine sich unter den real geteilten Grundstücken befindliche Tiefgarage verfügen, die entsprechend der Häuser ebenfalls vertikal in der Luftlinie geteilt und insoweit jeweils teilweise gemeinschaftliches Eigentum der jeweiligen Wohnungseigentümer der einzelnen Häuser ist.

 
Praxis-Beispiel

Gemeinsame Zufahrt

Unter den beiden Grundstücken zweier Wohnungseigentümergemeinschaften befindet sich eine Tiefgarage, die jeweils entsprechend ihrer vertikalen Teilung zum Teil im Eigentum der einen und zum anderen Teil dem Gemeinschaftseigentum der Gemeinschaften zuzuordnen ist. Die "kleine WEG" verfügt über 25 Stellplätze, die "große WEG" verfügt über 50 Stellplätze. Die Zufahrt zur Tiefgarage erfolgt über das Grundstück der "großen WEG". Insoweit ist den Wohnungseigentümern der "kleinen WEG" ein Geh- und Fahrtrecht durch Grunddienstbarkeit eingeräumt. Die Sanierung dieser Zufahrt ist erforderlich.

Ist nichts geregelt und der Bereich der Zufahrt zur Tiefgarage sanierungsbedürftig, trifft die Pflicht zur Sanierung zunächst die durch die Grunddienstbarkeit begünstigte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies regelt die bereits erwähnte Bestimmung des § 1020 Satz 2 BGB. Gemäß § 1020 Satz 1 BGB hat der Berechtigte bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert. Die Anlage stellt hier die Zufahrt da.

Nach dem Gesetz obliegt also die Erhaltung (bzw. Instandhaltung und Instandsetzung) der Zufahrt der aus der Grunddienstbarkeit b...

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