Alexander C. Blankenstein
Gesetzliche Öffnungsklauseln
Zitat
(4) 1Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird.
16 Abs. 2 Satz 2 WEG
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(2) 2Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.
§ 19 Abs. 1
Zitat
(1) Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt sind, beschließen die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung.
§ 21 Abs. 5
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(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.
§ 28 Abs. 3
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(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.
WEMoG: Einfacher Mehrheitsbeschluss
Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 kennt das Wohnungseigentumsgesetz nur noch den einfachen Mehrheitsbeschluss. Lediglich für die Rechtsfolgenseite einer Kostenverteilung von Maßnahmen baulicher Veränderung unter allen Wohnungseigentümern verlangt § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG eine Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile. Im Übrigen genügt stets die Mehrheit der in der Eigentümerversammlung abgegebenen Stimmen.
Nichts anderes gilt für Beschlüsse auf Grundlage der gesetzlichen Öffnungsklauseln der §§ 12 Abs. 4 Satz 1, 16 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 1, 21 Abs. 5 und § 28 Abs. 3 WEG.
Für den Fall, dass eine vereinbarte Öffnungsklausel ein bestimmtes qualifiziertes Quorum vorschreiben würde, wäre dieses dann maßgeblich, wenn die Öffnungsklausel nach Inkrafttreten des WEMoG vereinbart wurde. Bei der Beschlussfassung gilt das auch ansonsten in der Gemeinschaft geltende Stimmprinzip, also entweder das gesetzliche Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG oder ein abweichend hiervon vereinbartes Stimmprinzip etwa nach Miteigentumsanteilen oder Objekten.
"Können" und "Dürfen" unterscheiden
Bekanntlich richtet sich die Antwort auf die Frage nach der Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit eines Beschlusses, der auf Grundlage des Gesetzes gefasst werden soll, danach, ob den Wohnungseigentümern eine entsprechende Beschlusskompetenz eingeräumt ist und wie weit diese Kompetenz reicht. Werden die Grenzen der eingeräumten Beschlusskompetenz eingehalten, ist ein auf Grundlage der entsprechenden gesetzlichen Norm gefasster Beschluss grundsätzlich nur anfechtbar (so freilich der Beschluss nicht an Nichtigkeitsgründen leidet, die nichts mit der Frage der Beschlusskompetenz zu tun haben, wie beispielsweise die bewusste Nichteinladung von Wohnungseigentümern, ein unbestimmter Beschlussinhalt oder ein in sich widersprüchlicher Beschlusswortlaut).
Wie aber erkennt der Leser des Gesetzestextes, wie weit die den Wohnungseigentümern eingeräumte Kompetenz zur Beschlussfassung tatsächlich reicht und ein darüber hinaus gehender Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig wäre? Zu unterscheiden sind insoweit die Wörter "dürfen" und "können".
Mit dem Wort "können" wird die Grenze der Beschlusskompetenz definiert.
- § 12 Abs. 4 WEG wirft insoweit keine Besonderheiten auf.
- Übertragen auf eine Kostenverteilungsänderung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, kann nur eine solche beschlossen werden, die sich auf einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten bezieht. Eine darüber hinausgehende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels hätte die Beschlussnichtigkeit zur Folge. Würden die Wohnungseigentümer also den geltenden Kostenverteilungsschlüssel grundsätzlich abändern, wäre der Beschluss nichtig. Allerdings ist zu beachten, dass die Neuregelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG auch umfangreiche Regelungen über Kostentragungsverpflichtungen und Kostenverteilungsänderungen auch dauerhaft bei Maßnahmen der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums ermöglicht.
- § 19 Abs. 1 WEG bringt mit seinem Imperativ "beschließen" zum Ausdruck, dass Maßnahmen, die ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, dann zu beschließen sind, wenn das Ermessen der Wohnungseigentümer auf Null reduziert ist. Im Übrigen sind stets die Maßgaben des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen, ob eine Maßnahme noch ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht oder aber nicht. Da jedenfalls Beschlusskompetenz zur Regelung von Verwaltungsmaßnahmen besteht, sind entsprechende Beschlüsse lediglich anfechtbar.
- § 21 Abs. 5 WEG eröffnet in Satz 1 die grundsätzliche Beschlusskompetenz über eine abweichende Verteilung der Kosten baulicher Veränderungen. Nach Satz 2 dürfen einem Wohnungseigentümer allerdings keine Kosten auferlegt werden, die er nicht bereits nach dem Gesetz zu tragen hat. Soweit hiergegen verstoßen wird, wäre der Beschluss jedoch nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, wie mit dem Wort "dürfen" zum Ausdruck kom...